Rom – EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani will den im Mittelmeer tätigen NGOs Schranken setzen. Nur Organisationen mit europäischer Genehmigung zur Seerettung sollten im Mittelmeer zum Einsatz kommen können. Sie sollten Personal der italienischen Marine, der Küstenwache oder der EU-Grenzschutzbehörde Frontex an Bord haben, sagte Tajani am Montag der Tageszeitung "Il Messaggero".

"Es kann nicht sein, dass die NGOs machen, was sie wollen, Migranten an Bord nehmen und den illegalen Menschenhandel fördern. Sie müssen Genehmigungen erhalten oder gestoppt werden. Europa muss sie kontrollieren", so Tajani.

Tajani: "Gewaltiger Migrationsdruck"

Der EU-Parlamentspräsident warnte vor Streit unter Mitgliedsstaaten in Sachen Migration und vor ständigen Wahlkampftönen. "Auch die 'populistischen' Regierungen müssen letztendlich eine Lösung finden. Italien darf sich nicht isolieren. Italien verteidigt sich nicht mit verbaler Gewalt, sondern mit seiner Kraft am Verhandlungstisch", sagte der Italiener.

Europa sei mit einem gewaltigen Migrationsdruck konfrontiert, doch die EU dürfe sich nicht abschotten. "Wenn wir die Binnengrenzen wie den Brenner schließen, wird das für die Wirtschaft eine Katastrophe sein. Italienische Unternehmen leben vom Export, Millionen von Arbeitsplätzen wären gefährdet", so Tajani.

"Mittelmeerroute" schließen

Gleichzeitig soll mithilfe von Geldmitteln die "Mittelmeerroute" geschlossen werden, fordert Tajani in einem Beitrag für die deutsche Zeitung "Welt": "Nach dem Vorbild der Vereinbarung mit der Türkei, durch die die Balkanroute geschlossen werden konnte, muss die EU mindestens sechs Milliarden Euro investieren." Er schreibt weiter: "Wenn die Mitgliedstaaten keinen gemeinsamen Weg finden, die Ströme von Einwanderern und Asylbewerbern einzudämmen und zu regulieren, droht dem gesamten Projekt der Europäischen Union der Todesstoß versetzt zu werden."

Hinsichtlich des EU-Gipfels Ende der Woche sieht Tajani "die letzte Chance, die Erwartungen einer halben Milliarde Europäer nicht zu enttäuschen". Er kritisiert außerdem die ungerechte Verteilung von Flüchtlingen: An der Dublin-Verordnung würden sich immer wieder "Streitigkeiten und Spannungen zwischen unseren Mitgliedsstaaten entzünden." Er fordert ein automatisches und verpflichtendes Verfahren, nach dem die Asylbewerber auf die Mitgliedstaaten verteilt werden.

Keine Abschiebung in Asylzentren außerhalb der EU

Keine Lösung jedenfalls werde eine Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern in Flüchtlingszentren außerhalb der Union sein, heißt es am Montag vonseiten der EU-Kommission. Denn das würde gegen EU- und internationales Recht verstoßen, so eine Sprecherin. Die 16 Staats- und Regierungschefs hätten den Vorschlag auf dem Flüchtlingsgipfel am Sonntag in Brüssel deshalb "definitiv verworfen". Damit sinken die Erfolgschancen für einen ähnlichen Vorstoß von Österreich und Dänemark, die vor zwei Wochen ankündigten, vor den Toren der EU ein Zentrum für abgelehnte Asylbewerber einrichten zu wollen. Die neue Einrichtung soll aber noch auf dem europäischen Kontinent liegen. Mit anderen Ländern wie den Niederlanden und Deutschland sei man in Gesprächen. Kommissionspräsident Chef Jean-Claude Juncker hatte seinerzeit noch gesagt, gegen das Projekt aus Kopenhagen und Wien keine Einwände zu haben. (APA, 25.6.2018)