Die Integration von Flüchtlingen ist laut IWF auch für das Wirtschaftswachstum wichtig. Bleiben die Integrationsbemühungen erfolglos, könnte das auch das Wachstum dämpfen.

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Wien – Wenn der Internationale Währungsfonds (IWF) auf den Plan tritt, ist die Lage meist brenzlig. Die internationale Organisation hilft, etwa mit Milliardenkrediten an Buenos Aires oder Athen, wenn Staatsfinanzen aus dem Ruder laufen. Im Gegenzug verlangt der IWF Reformen, um den Haushalt zu sanieren.

Der Internationale Wähungsfonds (IWF) stellt Österreich in seinem Länderbericht gute Noten aus, mahnt aber gleichzeitig Reformen ein. Vor allem müsse die Integration von Migranten am Arbeitsmarkt verbessert werden, fordert der IWF.
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Doch der IWF kommentiert auch regelmäßig die wirtschaftliche Stabilität und die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen aller Mitglieder. Für Österreich stellt Thomas Dorsey, hiesiger IWF-Missionschef, heuer ein großteils positives Zeugnis aus. Die Hochkonjunktur sei eine Gelegenheit für Reformen, um den Standort abzusichern, wie die vorläufigen Ergebnisse eines neuen Berichts zeigen. Die endgültige Version soll im September erscheinen.

Lob für den Standort

  • Robustes Wachstum
    Mit drei Prozent Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr brummt der Konjunkturmotor munter vor sich hin. Mittelfristig erwarten sich die IWF-Experten ein allmähliches Absenken auf etwa 1,8 Prozent, das entspricht dem Potenzialwachstum. Damit erfassen Ökonomen, wie produktiv eine Volkswirtschaft ist, ohne zyklische Aufs und Abs betrachtet. Während in Krisenzeiten die Wirtschaftspolitik oft damit beschäftigt ist, gegen Arbeitslosigkeit und sinkende Nachfrage vorzugehen, solle in der Hochkonjunktur der Grundstein gelegt werden, um das Potenzialwachstum zu verbessern. Die notwendigen Mittel wären da.

  • Volle Staatskassa
    Zur Freude des Finanzministers war das Steueraufkommen im Vorjahr höher als erwartet. Rekordniedrige Zinsen, die von der Europäischen Zentralbank bis mindestens Sommer 2019 beibehalten werden sollen, schmälern den Schuldendienst der Republik. Dadurch ist die Schuldenquote unter 80 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) gefallen. Immer noch weit weg von den Vorgaben der EU-Stabilitätskriterien von 60 Prozent.

    Aber der IWF verweist auch auf Budgetdisziplin im Vorjahr: Das strukturelle Defizit ist immerhin gleich geblieben. Dabei werden Konjunktureffekte und einmalige Einnahmen sowie Ausgaben (z. B. Mehrkosten für akute Flüchtlingsbetreuung oder Versteigerungen von Netzfrequenzen) herausgerechnet. Die Ausgangslage ist daher gut, um eine Reihe langfristiger Herausforderungen anzugehen. Einiges gehe laut IWF bereits in die richtige Richtung. An anderen Stellen fehlt noch der große Wurf.

  • Zusammenlegung SV-Träger
    Die Reduktion der Sozialversicherungsträger von über 20 auf fünf Kassen sei ein guter erster Schritt. Größere Ersparnisse würde dadurch jedoch nicht generiert.

  • Entlastung für Geringverdiener
    Positiv bewertet der IWF auch die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für Niedrigverdiener. Das verbessere auch die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt.

  • Ausbildung garantiert
    Das Lehrlingswesen wird nicht nur gerne von heimischen Politikern im Ausland angepriesen, auch die IWF-Experten bewerten die duale Ausbildung als heimisches Erfolgsmodell. Die Ausbildungspflicht bis 18 und die Ausbildungsgarantie bis 25, beides unter der Vorgängerregierung beschlossen, würden das gut verwurzelte System noch untermauern.

Offene Baustellen

  • Sparansagen einlösen Die Regierung will einen strukturellen Budgetüberschuss bis zum Jahr 2022 erreichen. Gleichzeitig soll die Abgabenquote unter 40 Prozent des BIP fallen. Der IWF nennt dieses Vorhaben vorsichtig "ambitioniert". Die bisher angekündigten Kürzungen würden noch nicht ausreichen. Aber es sei noch genügend Zeit bis dahin, meinte IWF-Experte Dorsey. Man werde kommende Schritte genau beobachten. Ab 2022 rechnet der IWF aber wieder mit einem Anstieg des Defizits. Die Alterung der Gesellschaft und steigende Pensionskosten würden dafür sorgen.

  • Föderale Strukturen
    Zwei Fliegen mit einer Klappe könnte Österreich mit einer Reform der föderalen Struktur zwischen Bund und Ländern schlagen. Laut IWF ließen sich Einsparungen bis zu drei Prozent des BIP bringen – rund zehn Milliarden Euro – hereinholen. Vor allem den zwei Bereichen Förderwesens und Gesundheitssystem versickere hier das Geld.

  • Integration von Migranten Alterung wird dank Einwanderung abgefedert. Damit Österreich nicht nur statistisch, sondern auch sozioökonomisch von Zuwanderung profitiert, müsse Integration in den Arbeitsmarkt besser gelingen. Das Bildungswesen hat der IWF, abgesehen von der Kosteneffizienz, gelobt. Für Ausländer gebe es jedoch Hürden bei der Anerkennung von Qualifikationen und wegen mangelnder Deutschkenntnisse. Äußerst diplomatisch formuliert es der IWF so: "Bemühungen der Behörden in dieser Hinsicht sind willkommen." (Leopold Stefan, 26.6.2018)