Vokale, szenische Qualität fürs Heute bei der "Lustigen Witwe".

Foto: Sommerarena

Wien – Wie sie strahlt, wie ihre Augen leuchten! Und dann diese Momente der Natürlichkeit und der unbeschwerten Leichtigkeit, die sie immer wieder auf die Bühne der Sommerarena zaubert ... Das ist in der schablonensatten Gattung der Operette keine Selbstverständlichkeit, das ist eher die Ausnahme als die Regel.

Ja: Maya Boog gibt in Michael Schilhans Inszenierung von Lehárs Lustige Witwe die Titelpartie, und selbstverständlich stattet sie die Hanna Glawari auch mit den rollentypischen Charaktereigenschaften aus. Sie verleiht ihr Stolz, Feuer, Glamour und Eleganz. Beglückend aber, dass man hier endlich einmal einen Menschen erleben kann und kein Abziehbild: Da hat die Bühne Baden mit Boog einen guten Griff getan.

Auch Reinhard Alessandris Danilo sticht aus dem Operettenalltag heraus, vor allem dank seines komödiantischen Spiels, seiner differenzierten Mimik. Zudem schaut Alessandri so gut aus wie ein Hollywoodstar – oder zumindest wie der junge Sky Du Mont. Der Tiroler singt den Danilo (fast etwas zu) kraftvoll, leider verliert sein vergnügungssüchtiger Graf in den Dialogszenen sofort jeden Anflug von Persönlichkeit: Dieser gestützte, pseudo-edle Sprechton im Dauerfortissimo ist so schrecklich uniform und ermüdend.

Akustisch erfreulich Gustavo Quaresmas Camille de Rossillon mit seinem leichtgängigen, gut geölten Tenor; makellos Martha Hirschmann als quirlige Valencienne. Wolfgang Gerold legt den Baron Zeta als einen Palfraderschen Kaiser light an, bei den mittleren und kleinen Partien wird hingebungsvoll knallchargiert. Die schwarz-gelb-gestreiften Grisetten scheinen vom Bienensterben noch nichts gehört zu haben und präsentieren sich denn auch quicklebendig.

Im Orchestergraben läuft schließlich Franz Josef Breznik zur Hochform auf, widmet sich mit Hingabe den bedächtigen, zarten Klängen und animiert das Orchester der Bühne Baden zu weich-glänzendem Streicherglück: sei es bei der instrumentalen Erstpräsentation des großartigen Rührstücks Lippen schweigen, sei es bei Boogs leise gesungener Erzählung vom Waldmädchen Vilja. Regisseur Schilhan scheint Damiano Michielettos Salzburger La Bohème gesehen zu haben: Im zweiten Akt wird ein Würstelstand, der "Danilo-Grill", zum Zentrum des turbulenten Geschehens (Ausstattung: Alexia Redl).

Zusammen mit Boog, im Mittelakt in einen flammend roten Hosenanzug aus Samt gekleidet, holt er das schöne Werk somit charmant ins Hier und Heute: Freude in Baden. (Stefan Ender, 25.6.2018)