Das "WM Kwartira".

Foto: Screenshot/ARD

Deutschland siegt, es geht weiter. Unterschätze nie die Nachspielzeit, wird sich vielleicht die Kanzlerin gedacht haben. Ob die landesweite Stimmungsaufhellung – durch das späte schwedische Unglück – Angela Merkel im Amt halten wird, ist natürlich ungewiss. Eine Überbrückungshilfe war's, Emotion mag der selbst eher Nüchternen helfen.

Über den Sieg freuen sich jedenfalls TV-Formate, die heitere WM-Nachbetrachtung bieten. WM Kwartira (ARD) etwa wäre bei einer Niederlage vielleicht abgesagt oder zum Klub der hängenden Schultern geworden. Glück gehabt, dass Toni Kroos mit seinem Bananenschuss reüssierte.

Die Spätshow steht an diesem Abend jedoch auch vor Problemen, welche Politik nicht hat: Dem Format ist der Hang zur Verulkung in die Wiege gelegt. Blödeln ist Programm. Nach dem Fußballsieg duldet der Fan im Zustand der Erleichterung jedoch keine Verulkung der Heldentat. Diese Hypothese belastet jedenfalls Kwartira, Satire hat Ladehemmung: "Kroosartig" wäre der Sieg gewesen – und wie der Toni jubelte! "Er war fucking Gott in dem Moment!", platzt es aus Comedian Michael Mittermeier heraus, der prophetisch abhebt. Das Match gegen Südkorea? "Wir hauen die weg!" Applaus.

Ironie wirkte nur noch als Maske, hinter der das Patriotische grinst. Pulverisiert war jene Distanz, welche Comedians gut anstehen würde und den Seher zumutbar ist. Der Fußballfan wurde unterschätzt: Montags, im Früh-TV, werden gelassene Bürger interviewt, die Kroos nicht gleich zu Gott erklären. Sympathische Menschen, da unaufgeregt wie Frau Merkel, die allerdings wiederum Fußballeuphorie bitter nötig hat. Kompliziert alles. (Ljubisa Tosic, 25.6.2018)