Bild nicht mehr verfügbar.

Flugzeuge sausten beim Red Bull Air Race in Budapest zwischen aufgeblasenen Pylonen über die Donau – und verärgerten viele Einwohner der ungarischen Hauptstadt.

Foto: Reuters / Bernadett Szabo

Tagelang knatterten und röhrten die Flugzeugmotoren, wochenlang waren wichtige Straßenzüge entlang der Donau für den Verkehr gesperrt: Das Luftspektakel des österreichischen Energy-Drink-Herstellers Red Bull störte am vergangenen Wochenende die Ruhe von hunderttausenden Bewohnern der inneren Budapester Bezirke.

Im Gegenzug hatten ein paar Tausend Schaulustige an den Donauufern ihr Vergnügen, als die fliegenden Kisten mit 370 Sachen zwischen aufgeblasenen Pylonen im Tiefflug über die Donau rasten und unter der altehrwürdigen Kettenbrücke (erbaut 1849) durchbrausten.

Unmittelbar über Innenstadt

Das Red Bull Air Race ist Teil einer seit 2003 mit Unterbrechungen veranstalteten "Weltmeisterschaft", die den fliegenden Zirkus im Zeichen des roten Stiers in diesem Jahr auf acht Locations loslässt, darunter in diesem Jahr der Militärflughafen von Wiener Neustadt (davor war das Gelände des Formel-1-Parcours im steirischen Spielberg österreichischer Austragungsort). In Budapest, wo der Event seit 2004 stattfindet, regten sich in diesem Jahr lautstarke Proteste.

Die Empörung nahm auch deshalb Fahrt auf, weil die von Viktor Orbáns rechtspopulistischer Fidesz-Partei beherrschte Stadtverwaltung dem Organisator aus Fuschl am See immer mehr Geld hinterherzuwerfen schien. Für die Nutzung der gesperrten Donaukais verrechnete sie gerade einmal 40.000 Euro. Für die sogenannten "Lizenzgebühren", die Red Bull kassiert, kommt wiederum die Fidesz-geführte Regierung von Viktor Orbán auf: Per Kabinettsbeschluss sind da schon bis 2020 5,9 Millionen Euro pro Jahr budgetiert. Dabei generiert der milliardenschwere Multi mit seinen Luftspektakeln in erster Linie schöne Werbebilder für sich selbst.

Die Grün-Partei LMP hat daher bereits eine Klage gegen die Stadtverwaltung angekündigt: Die billige Überlassung der öffentlichen Flächen stellt ihrer Ansicht nach eine Veruntreuung dar. Die Proteste erreichten offenbar auch Oberbürgermeister István Tarlós.

Nicht mehr "in dieser Form"

Im staatlichen Fernsehen entschuldigte er sich Montagfrüh bei den Budapestern für den Lärm und das Verkehrschaos. "Solange ich Oberbürgermeister bin, werde ich ein derart skandalöses Chaos in der Stadt nicht mehr zulassen", sagte er in reumütigem Ton. Ein definitives Ende der Red-Bull-Show kündigte er aber nicht an. Vielmehr werde er das Air Race zur "Chefsache" machen und dafür sorgen, dass "es in dieser Form nicht mehr stattfinden wird".

Der Beginn der Red-Bull-Fliegerei über Budapest geht auf die Ära des liberalen Oberbürgermeisters Gábor Demszky zurück. Damals war das Luftspektakel allerdings noch in die Feierlichkeiten zum Staatsfeiertag am 20. August integriert und deshalb als weniger störend empfunden worden. Als Orbán 2010 an die Macht gekommen war, ließ er es in jenem Jahr ersatzlos streichen. Doch seit 2011 findet es wieder statt, als eigenständige Veranstaltung an einem der letzten Juni-Wochenenden – bis jetzt.

Verfahren gegen Ungarn

Weitere schlechte Nachrichten für Orbáns Regierung kamen am Montag aus Brüssel: Der Innenausschuss des Europaparlaments stimmte mehrheitlich für die Einleitung eines Rechtsstaatsverfahrens wegen schwerwiegender Grundrechtsverstöße. Ungarn wäre damit nach Polen das zweite Land in der EU mit einem solchen Verfahren nach Artikel 7, das bis zum Entzug der Stimmrechte gehen kann.

Über die tatsächliche Einleitung des Verfahrens stimmt das Plenum des EU-Parlaments wohl im Herbst ab. Notwendig wäre eine Zweidrittelmehrheit. Im April hatte Ungarns Außenminister Péter Szijjártó die Vorwürfe zurückgewiesen und das Papier vor EU-Abgeordneten als "Ansammlung von Lügen" bezeichnet. (Gregor Mayer aus Budapest, 25.6.2018)