Bild nicht mehr verfügbar.

Laut Wirtschaftskammer rollt eine Flut an Paketen auf Wien zu.

Foto: REUTERS/Stringer

Wien – Der zunehmende Anteil an online über das Internet georderten Waren stellt nicht nur den Handel und die Logistikbranche in Ballungszentren vor Herausforderungen, sondern auch die Stadtplanung. Vor allem Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP-Dienste) sind gefordert, die Bestellungen zum Konsumenten und die häufigen Retouren wieder zum Anbieter zu befördern. Laut einer Studie der Wirtschaftskammer Wien wurden 2016 pro Tag 170.000 Sendungen von KEP-Diensten befördert, Tendenz stark steigend. Spartenobmann Davor Sertic erwartet ein Wachstum von 18 Prozent pro Jahr in diesem Bereich. "Daran sieht man, welche Flut an Paketen auf uns zukommt", sagte er am Montag vor Journalisten.

Treiber dieses Wachstums wird laut Handelsobmann Rainer Trefelik nicht zuletzt der Lebensmittelhandel sein. Dort befindet sich das Onlinegeschäft erst im Aufbau, inklusive Wein werden bisher nur weniger als neun Prozent über das Internet bestellt. Zum Vergleich: Bei Bekleidung liegt der Onlineanteil in Wien bei 32 Prozent und bei Büchern sowie Elektroartikeln bei jeweils 26 Prozent. Von allen Wiener Händlern betreiben Trefelik zufolge derzeit 22 Prozent einen Onlineshop. Dabei ortet er für viele kleinere Anbieter Stolpersteine, ein Webshop müsse gut vorbereitet werden: "Man braucht einen langen Atem, aber es ist eine Riesenchance."

Vor allem der Lebensmittelhandel ist online erst im Aufbau und sollte künftig starkes Wachstum verzeichnen.

Allerdings bedürfe es dazu fairerer Rahmenbedingungen, betonte Trefelik mit Blick auf die Steuerschlupflöcher globaler Internetriesen. Auch der Retourenanteil sei mit bis zu 70 Prozent in manchen Bereichen zu hoch, den Verbraucherschutz im Onlinehandel empfindet er als "überbordend". Manche Konsumenten würden fünf Artikel online in dem Bewusstsein erwerben, dass sie vier davon wieder zurückschicken werden, klagt der Handelsobmann.

Trotz gewisser Probleme begrüßt er Ansätze wie die Plattform Shöppig.at der Post für heimische Anbieter. "Aber es wird bei diesen Plattformen Zusammenschlüsse geben müssen, um ein gewisses Gegengewicht zu schaffen", sagt Trefelik hinsichtlich der mangelnden Größe. Dazu müsse sich auch die Logistik mitentwickeln, "sonst werden wir es nicht derheben".

E-Mobilität fördern

Allerdings sieht Logistikobmann Sertic die Stadt darauf nicht ausreichend vorbereitet. Er fordert von der Stadtpolitik mehr Flächen, etwa für kleine Logistik-Hubs in der Stadt, wo auch Raum für Innovationen in diesem Bereich geschaffen werden würde. Als Beispiel verweist er auf die Seestadt Aspern, wo dies bei der Planung verabsäumt und erst im Nachhinein versucht wurde, dies "geradezubiegen". Sertic räumt aber ein, dass der öffentliche Raum starkem Druck unterworfen sei: "Es beißt an allen Ecken und Enden."

Zudem erwartet er sich Förderungen, etwa im Bereich der Elektromobilität für Logistiker oder die Erlaubnis zur Nutzung von Busspuren in Wien oder von Anrainerparkplätzen bzw. die kostenfreie Nutzung von Kurzparkzonen. "Eine Smart City kann nur funktionieren, wenn auch die Logistik smart konzipiert ist", so Sertic. Der Spartenobmann hebt im Gegenzug auch die positiven Auswirkungen der immer stärker benötigten KEP-Dienste auf den Arbeitsmarkt hervor. Vor allem Frauen würden zuletzt den erhöhten Bedarf an Arbeitskräften stillen, vor allem in der Planung der KEP-Logistik. (aha, 26.6.2018)