Der 31-jährige Syrer Mohsen Osman trägt den Firmenpullover des 'DorfElektrikers' in der 11.000-Seelen-Gemeinde Götzis in Vorarlberg. Er profitierte anfangs von einem elfwöchigen Qualifizierungskurs für Flüchtlinge der Caritas.

APA

Paris/Aachen/Wien – Die Diskussion rund um die Flüchtlingskrise ist nicht immer von sachlichen Argumenten bestimmt. Solche werden nun von zwei wissenschaftliche Studien geliefert, die dieser Tage in renommierten Fachjournalen erschienen sind und die sich vor allem mit den Auswirkungen sowohl von Migranten wie auch Flüchtlingen auf die Wirtschaft des aufnehmenden Landes beschäftigen.

Für ihre Untersuchung im Magazin "Science Advances" haben französische Ökonomen um Hippolyte d'Albis (CNRS) die wirtschaftliche Entwicklung von 15 europäischen Ländern (darunter neben Österreich noch Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Irland, Island, Italien, die Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden, Portugal und das Großbritannien) für die Jahre 1985 bis 2015 analysiert.

Starke Zuwanderung als "Schock"

D'Albis und sein Team stützten sich auf ein mathematisches Modell, das mit jährlichen Konjunkturindikatoren Vorhersagen über die Zukunft nach "Schocks" wie Naturkatastrophen trifft. In diesem Fall waren die "natürlichen Schocks" Zuströme von Einwanderern (etwa aus Ex-Jugoslawien). Die Forscher untersuchten dabei unabhängig von einander die Auswirkungen von Migranten und von Asylsuchenden.

Wie die makroökonomischen Berechnungen zeigten, sank nach einem Zustrom von Migranten innerhalb von zwei Jahren die Arbeitslosenquote deutlich und die Wirtschaft wuchs signifikant; im Fall von Asylwerbern dauerte es im Schnitt rund fünf Jahre, bis sich solche positiven Effekte einstellten. Insgesamt entwickelte sich die Wirtschaft jener Länder, die Migranten und Flüchtlinge aufnahmen, deutlich positiver als die restriktiver Länder.

Wirtschaftliche und fiskale Folgen von "Migrations-Schocks". Das Jahr 0 steht dabei für den Zeitpunkt der starken Zuwanderung.
Grafik: Hippolyte d'Albis et al., Science Advances

Als Grund dafür, warum die wirtschaftlichen Vorteile von Neuankömmlingen die für diese nötigen staatlichen Aufwendungen so bald kompensieren, liegt für die französischen Forscher nicht zuletzt darin, dass Zuwanderer in der Regel junge Erwachsene sind, die weniger stark auf staatliche Leistungen angewiesen sind als ältere Menschen.

Kriterien für Akzeptanz

Wovon aber hängt es ab, ob Flüchtlinge in den Aufnahmeländern Akzeptanz finden? Dieser Frage ging ein deutsches Ökonomenteam um Robert Böhm (Uni Aachen) im Fachblatt "PNAS" auf mikroökonomische und experimentelle Weise nach. Sie entwickelten eine Versuchsanordnung, die mögliche psychologische und wirtschaftliche Faktoren in einem Spiel simulierte, an dem insgesamt über hundert Versuchspersonen teilnahmen.

Die Ergebnisse waren nicht wirklich überraschend: Insgesamt zeigten sie, dass ökonomische Faktoren eine wichtige Rolle bei der Haltung gegenüber Flüchtlingen spielen: Menschen sind eher zur Hilfe bereit, wenn die eigenen Kosten niedrig sind und wenn die Flüchtlinge einiges auf sich nehmen, um so Integrationswilligkeit zu zeigen. Es gibt aber auch Menschen, die sozialer eingestellt sind und auch persönliche Kosten in kauf nehmen. Hilfsbereitschaft und Akzeptanz nehmen aber laut den Experimenten auch zu, wenn sichtbar wird, dass sich durch die Unterstützung die Lage der Flüchtlinge tatsächlich verbessert. (tasch, 25.6.2018)