Bild nicht mehr verfügbar.

Der Druck auf die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wächst. In einem "Tagesschau"-Kommentar wurde sie zum Rücktritt aufgefordert – auf europäischer Ebene gebe es für sie nichts mehr zu gewinnen "außer spürbarer Abneigung".

Foto: REUTERS/Hannibal Hanschke

Berlin – Mitten im hektischen Suchen nach einer Lösung im deutschen Asylstreit zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU sorgt ein "Tagesschau"-Beitrag für Aufsehen: In einem auf tagesschau.de veröffentlichten und im Radio gesendeten Kommentar fordert Malte Pieper offen den Rücktritt von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

"Merkel traut in der EU keiner mehr über den Weg", sagt der Brüssel-Korrespondent. Der Grund dafür liegt Pieper zufolge in Merkels Politikstil: "Sie fährt auf Sicht und hofft, dass der Wind das Problem schon löst." Als Beispiele führt Pieper den Umgang mit Griechenland in der Eurokrise und Merkels noch in den Jahren 2011 und 2012 fehlende "europäische Solidarität" beim Thema Flüchtlinge an. "Merkel hinterließ verbrannte Erde, wohin man schaut", konstatiert Pieper. Zudem habe ihre "Politik der Nichtkompromisse und damit auch Nichteinigungen" Länder in die rechte und rechtsextreme Richtung kippen lassen.

"Spürbare Abneigung"

Nach fast 13 Jahren Kanzlerschaft gebe es für Merkel auf europäischer Ebene nichts mehr zu gewinnen "außer spürbarer Abneigung". Pieper fordert sie deshalb dazu auf, das Kanzleramt für einen Nachfolger zu räumen, "dessen Name nicht so belastet ist" und dem "in Europa noch zugehört wird".

Zahlreiche deutsche Medien berichteten über den Kommentar – die "Bild"-Zeitung, die zuletzt sehr kritisch über Merkel geschrieben hatte, platzierte den Bericht sehr prominent auf ihrer Startseite.

Europäische Lösung

Merkel ist beim Thema Rückweisung von Flüchtlingen derzeit auf der Suche nach einem Kompromiss auf europäischer Ebene, bis Ende Juni hat sie noch dafür Zeit. Bei einem Minigipfel mehrerer EU-Staaten am Wochenende konnte man sich allerdings nur auf vage Formulierungen und keine konkreten Ergebnisse einigen.

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD wollen am Dienstagabend auf einer Sitzung des Koalitionsausschusses im Kanzleramt Wege aus dem Asylstreit suchen. Der Konflikt hatte sich an der Forderung von CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer entzündet, bereits in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlinge auch in einem nationalen Alleingang an den deutschen Grenzen zurückzuweisen.

CSU schadet sich selbst

Umfragen zufolge schadet sich die CSU mit ihrem harten Kurs in der Asyldebatte aber selbst: Bei einer Landtagswahl käme sie derzeit auf 40 Prozent der Stimmen, geht aus einer am Montag veröffentlichten Forsa-Umfrage unter 1.033 Personen hervor. Das wären 7,7 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl 2013. Im Februar kam die CSU bei Forsa noch auf 42 Prozent. Die von der CSU heftig attackierte Bundeskanzlerin erhält in Bayern zugleich mehr Zuspruch als Ministerpräsident Markus Söder.

Die Strategie Söders "geht nach hinten los", sagte dazu Manfred Güllner, Chef des Forsa-Instituts, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Jetzt hat sie große Teile ihrer früheren Wähler, nämlich die liberale Mitte, verloren." Güllner verwies darauf, dass nur 38 Prozent der Bayern zufrieden mit Söders Arbeit seien. Von einer absoluten Mehrheit wie in früheren Zeiten sei die CSU weit entfernt. Zugleich bewege sich die AfD inzwischen auf Rekordniveau. "Wenn die Menschen die Wahl haben, entscheiden sie sich für das Original." (maa, 26.6.2018)