Wien – Wer schon immer wissen wollte, was Frauen auf der Toilette machen, außer sie bestimmungsgemäß zu benutzen oder sich die Nase zu pudern, erhält beim Verfahren gegen die 18-jährige Bettina Z. einen Einblick. Zumindest sie hat die Örtlichkeit in der Disco Bollwerk in Wien-Donaustadt dazu benutzt, mit einer 16-Jährigen abzurechnen – da die angeblich zwei Monate vorher Z.s Kind bedroht hatte.

Körperverletzung und gefährliche Drohung wirft Staatsanwältin Judith Ziska der Angeklagten wegen des Vorfalls am 6. Jänner vor. Die bekennt sich vor Richterin Martina Hahn zur Körperverletzung schuldig, die Drohung bestreitet sie aber.

Im Rahmen der Vorgeschichte, die Z. erzählt, lernt Hahn den technischen Fortschritt im Kommunikationswesen kennen. Z. kannte ihre Gegnerin, Frau B., vor dem gewalttätigen Zusammentreffen nämlich nur virtuell, wie sie erzählt.

Beschimpfungen im Videogruppenchat

"Sie war mit dem Ex-Freund einer Freundin zusammen, das habe ich gehört gehabt. Im November habe ich mit einer Gruppenapp via Facetime gechattet, da hat sie sich zugeschalten. Dann hat sie angefangen, mich zu schimpfen." Warum, weiß Z. nicht. B. habe allerdings gedroht. "Ich verbrenne eure Kinder" und behauptet, dass eine Freundin von Z. sexuelle Dienstleistungen gegen Bezahlung anbietet.

"Und woher wissen Sie, dass das Frau B. gewesen ist?", fragt die Richterin. "War da ein Foto dabei?" Die Staatsanwältin kann technische Hilfe leisten und erklärt, dass Facetime ein Videotelefonieprogramm ist, man sein Gegenüber also live sieht.

Die Drohung mit den brennenden Kindern muss an Z., deren Nachwuchs damals gerade auf die Welt gekommen war, genagt haben. Am 6. Jänner war sie im Bollwerk, erzählt sie. "Ich bin aufs WC gegangen, da ist mir B. entgegengekommen." Es sei zunächst zum verbalen Streit gekommen, eine unbekannt gebliebene Frau mit Spitznamen "Kiki" habe sich eingemischt.

"Bin ich gewohnt von den Eltern"

"Ich habe B. dann zwei, drei Faustschläge gegeben, Kiki ihr ein paar Watschen", gibt die Angeklagte zu. Allerdings erst nachdem B. gesagt habe: "Ja, Ihr könnt mich eh schlagen, das bin ich eh gewohnt von meinen Eltern." – "Und was hat das Ganze für einen Sinn gehabt?", kann Hahn nicht folgen. "Keine Ahnung, das mit dem Beschimpfen hat mich halt voll aufgeregt."

Auch Staatsanwältin Ziska ist überfordert: "Warum gleich Faustschläge?" – "Weiß ich nicht." – "Und warum hat es Sie zwei Monate nach dem Chat so aufgeregt?" – "Wegen der Drohung gegen die Kinder." In ihren Unterlagen sieht die Anklägerin auch, dass Z. im Jahr 2016 schon einmal eine Diversion bekommen hat. "Was war der Grund? Gewalt, Drogen?", fragt sie. "Ich weiß es nicht mehr", bedauert die Jungmutter.

Das Opfer erzählt die Geschichte etwas anders. Sie sagt, der Videochat habe stattgefunden, Kinder seien dabei aber nicht erwähnt worden. Dafür sei Z. einige Zeit vor dem Vorfall einmal mit mehreren Begleitern vor ihrer Schule aufgetaucht, habe gefragt, warum sie die Kinder anzünden wolle, und sei aggressiv geworden. "Mein Stiefvater ist dann dazwischengegangen, der kann das bezeugen." Interessanterweise wird diese Behauptung nicht mehr hinterfragt.

Streit mit anderer Bekannten

Am Tattag, erzählt B., habe sie auf der Toilette jedenfalls eine alte Bekannte getroffen – und mit ihr gestritten. "Die Romana hat gefragt, warum ich mit einer Freundin von ihr noch immer Kontakt habe. Die Romana ist dann gegangen und hat gesagt, sie wird sich die Hände nicht an mir schmutzig machen und dass das jemand anders für sie erledigen werde."

B. ging in die Kabine, als sie aus dieser trat, seien Z. und die Unbekannte davorgestanden. Die Konversation sei denkbar kurz gewesen: "Da bist du!", habe die Angeklagte gesagt, sie dann gegen das Waschbecken gedrückt und den Kopf zwei- oder dreimal gegen den Spiegel geknallt, dass dieser splitterte. Die Unbekannte habe ihr noch ein paar Ohrfeigen gegeben, nach einem Tritt in den Bauch seien die Angreiferinnen verschwunden.

"Ich habe es draußen meinen Freunden erzählt, die wollten mit mir ins Spital fahren. Da sind die beiden wieder aufgetaucht, und ich habe noch eine auf die Nase bekommen, bis sich ein Freund vor mich gestellt hat." Allerdings: Dieser Freund sagt als Zeuge, er habe weder einen Schlag noch eine Drohung wahrgenommen. "Ich hatte schon so oft Gehirnerschütterungen, daher ist meine Erinnerung nicht mehr so gut", erklärt die Zeugin dazu. "Sind Sie deswegen in Behandlung?", erkundigt sich Hahn. "Nein."

Opfer erlitt Gehirnerschütterung

"Am nächsten Tag hatte ich Kopfweh, meine Mutter hat gesagt, das wird nichts Schlimmes sein", erinnert sich das Opfer, das auf Schmerzensgeldansprüche verzichtet. Sie ging doch ins Krankenhaus, wo sie wegen einer Gehirnerschütterung stationär aufgenommen wurde, auch eine Schwellung samt Bluterguss am linken Backenknochen ist dokumentiert.

Angeklagte Z. beteuert, die Freundin, mit der sich das Opfer vor der Tat auf dem Abort gestritten haben will, nicht zu kennen. "Wollen Sie noch was sagen?", muntert die Richterin Z. auf. "Nein", fällt dieser nichts ein. "Entschuldigung, vielleicht?" – "Entschuldigung, dass ich dich geschlagen habe", wendet sich die 18-Jährige dann doch grinsend an das Opfer.

Für die gefährliche Drohung sieht Hahn keinen Beleg, für den körperlichen Angriff erhält Z. sechs Wochen bedingt und Bewährungshilfe. Die Staatsanwältin ist einverstanden. Da die Angeklagte ohne Verteidiger erschienen ist, erhält sie automatisch drei Tage Bedenkzeit. "Passen Sie auf, schauen Sie, dass Sie sich im Griff haben", mahnt die Richterin noch. (Michael Möseneder, 27.6.2016)