Vermutlich beeinflusst das veränderte Profil der zirkulierenden neutralen Aminosäuren das Entscheidungsverhalten, so die Wissenschafter.

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Zu den Makronährstoffen zählen Kohlenhydrate, Fette und Proteine. Aus ihnen gewinnt der Körper Energie. Die Zusammensetzung der Makronährstoffe steuert außerdem den Aminosäure-Haushalt. Dieser hat wiederum einen Einfluss darauf, welche Botenstoffe – sprich Neurotransmitter – im Gehirn zur Verfügung stehen.

Forscher der Universität Lübeck untersuchten nun, ob durch die Art der Ernährung auch das soziale Verhalten beeinflusst wird. "Biochemische Prozesse beeinflussen unser Verhalten. Bislang hatten wir jedoch keine Erkenntnisse darüber, in welchem Maß diese nahrungsinduzierten Veränderungen bei den Botenstoffen im Gehirn auftreten und ob sie das Verhalten messbar verändern", sagt der Endokrinologie Sebastian Schmid von der Uni Lübeck.

In zwei Studien sollte nun herausgefunden werden, inwieweit die tägliche Nahrung das soziale Verhalten bestimmt. Bei beiden Untersuchungen stand das Frühstück im Mittelpunkt, da es nüchtern eingenommen wird und Ergebnisse damit nicht durch vorangegangene Mahlzeiten verfälscht werden konnten. An der ersten Studie nahmen 87 Probanden teil.

Sensible Kohlenhydrate

Die Teilnehmer wurden darüber befragt, was sie am Morgen zum Frühstück gegessen hatten. Dann sollten sie in einem Test, dem sogenannten Ultimatum Game (UG), auf ein "unfaires Angebot" eines virtuellen Gegenspielers reagieren. Beim UG geht es darum, dass sich jeweils zwei Probanden eine Geldsumme untereinander zu teilen. Dabei macht die eine Person einen Vorschlag, den die andere dann entweder akzeptieren oder ablehnen kann. Wird das Angebot abgelehnt, dann bekommt keiner der beiden Probanden etwas.

"Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass es einen Zusammenhang zwischen der Makronährstoffkomposition des Frühstücks und der Reaktion der Probanden auf unfaire Angebote gab", erzählt Schmid. Demnach konnten die Forscher beobachten, dass mit steigendem Kohlenhydratanteil die Probanden sensibler auf "unfaire Angebote" reagierten.

Was uns empfindlich macht

Um diese Beobachtung verifizieren zu können, wurde zusätzlich eine randomisiert-kontrollierte Studie mit insgesamt 24 Probanden durchgeführt, mit der die biochemische Seite erhoben wurde. Die Probanden erhielten an zwei verschiedenen Tagen einmal ein Frühstück mit einem sehr hohen Kohlenhydratanteil von 80 Prozent (Protein zehn Prozent, Fett zehn Prozent) und ein Frühstück mit gleichem Kaloriengehalt und einer Makronährstoffzusammensetzung gemäß den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (Kohlenhydrate 50 Prozent, Protein 25 Prozent und Fett 25 Prozent).

Drei Stunden nach dem Verzehr des Frühstücks wurden verschiedene neurokognitive Tests durchgeführt, darunter auch das Ultimatum Game. Durch Blutuntersuchungen ermittelten die Forscher schließlich relevante stoffwechselbedingte und hormonelle Parameter. Die Laborstudie konnte die Ergebnisse der ersten Studie bestätigen: "Nach einem Frühstück mit hohem Kohlenhydratanteil waren die Probanden sehr viel empfindlicher gegenüber unfairen Angeboten als in der Versuchsbedingung mit einer ausgeglichenen Makronährstoffkomposition", sagt Studienleiter Sebastian Schmid.

Die Wissenschafter vermuten, dass das nach dem Essen veränderte Profil der zirkulierenden neutralen Aminosäuren (large neutral amino acids – LNAA) das Entscheidungsverhalten beeinflusst. "Damit konnten wir verlässlich das Gerechtigkeitsverhalten der Probanden in statistischen Modellen vorhersagen", betont Schmid. Je höher der Kohlenhydratanteil und niedriger der Proteinanteil war, umso niedriger waren die Tyrosinspiegel im Blut. Die Tyrosinkonzentration lässt wiederum auf die Konzentration des Neurotransmitters Dopamin im Gehirn schließen. (red, 27.6.2018)