Dank Datenbrillen virtuelle Gegenstände vor Augen haben und mit ihnen einfach und präzise interagieren können – das möchte das Tiroler Unternehmen Holo-Light ermöglichen.

Foto: Holo - Light / Said Burg

Die Entwicklungsabteilung bespricht ein neues Motorendesign. Alle Beteiligten tragen Augmented-Reality-Brillen, die das Blickfeld mit digitalen Inhalten überblenden. Durch ihre Brillen sehen alle ein 3D-Modell des Motors in ihrer Mitte. Sie können ihn drehen und wenden, auf kleine Bauteile hineinzoomen, ihn sogar in Einzelteile zerlegen. Einer der Entwickler hat einen kleinen Stift in der Hand, mit dem er Bauteile zur späteren Bearbeitung markiert, Notizen vermerkt und kleine Skizzen "in die Luft" malt.

So sieht die Arbeit der Zukunft aus, für die das Start-up Holo-Light den Boden bereiten will. Das junge Tiroler Unternehmen rund um die Gründer Florian und Susanne Haspinger sowie Alexander Werlberger entwickelt Software- und Hardware-Werkzeuge, die den Umgang mit Datenbrillen wie Microsofts Hololens im industriellen Umfeld erleichtern und sie zum praktischen Hilfsmittel im Arbeitsalltag machen.

Zum einen kümmert sich Holo-Light um eine koordinierte Visualisierung für mehrere Nutzer. Zum anderen arbeitet man an einer präzisen Eingabemethode, einer "Maus" für die Interaktion mit jenen Inhalten, die die Brillen für die Nutzer sichtbar machen.

Garagen-Start-up

Begonnen hat alles in der Garage des Elternhauses von Florian Haspinger in Innsbruck, wo dieser gemeinsam mit Kollegen aus dem Physikstudium 2015 das Unternehmen startete. Durch Uni-Projekte sei man mit den Prozessen der Industrie vertraut geworden, habe auch gesehen, dass die Digitalisierung in der Praxis längst nicht so weit fortgeschritten war, wie der Begriff der Industrie 4.0 verspricht, blickt Haspinger zurück.

Zudem begeisterten sich die Gründer für die in Entwicklung befindlichen holografischen Smart Glasses, Brillen, die virtuelle Gegenstände in 3D vor das Auge projizieren. "Wir haben zu Hause ein Jahr lang erste Applikationen geschrieben, bevor wir auf einem Innsbrucker Tech-Event Kontakte zu BMW knüpfen konnten", erinnert sich Haspinger. Der Autokonzern nahm das Start-up in ein Accelerator-Programm auf und wurde zum ersten Kunden.

Zweiter Standort

"Wir haben uns überlegt, welche Augmented-Reality-Anwendung ganz am Beginn stehen muss", reflektiert Haspinger. "Das Ergebnis war ein Visualisierungstool, das Planungsdaten aus den in der Industrie allgegenwärtigen CAD-Programmen für die Brillen aufbereitet."

Dabei waren einige Hürden zu nehmen: Die Visualisierung sollte etwa für mehrere Brillenträger koordiniert an derselben Position erscheinen. Also haben die Entwickler ein Protokoll entwickelt, dass die 3D-Daten ständig zwischen den Brillen synchronisiert.

Ab Ende 2016 ging es dann schnell. Die ersten Mitarbeiter kamen hinzu. Man wechselte aus dem Elternhaus in eigene Räumlichkeiten. Durch die Zusammenarbeit mit BMW entstand nahe München ein zweiter Standort.

In ihrem aktuellen Projekt konzentrieren sich Haspinger und Kollegen nun auf die Entwicklung eines Eingabegeräts für Datenbrillen, das im Unternehmen Holo-Stylus genannt wird. "Mit vielen der Brillen kann man zwar durch Gesten- oder Sprachsteuerung interagieren, das ist aber oft ungenau und im industriellen Umfeld nicht praktikabel", begründet Haspinger.

Standard-Eingabegerät

Der Holo-Stylus, ein Stift mit zwei Tasten, soll zu einem Standard-Eingabegerät für Datenbrillen werden. Die Idee kommt an: Anfang Juni wurde die "Maus der Zukunft" mit dem German Innovation Award 2018 ausgezeichnet. "Man kann damit zeichnen, markieren, schreiben, mit Menüs interagieren – alles mit einer Präzision von einem Millimeter in allen drei Raumrichtungen", zählt der Gründer auf. Während die Software von Holo-Light entwickelt wird, wurde die Hardware-Entwicklung an das MCI Management Center Innsbruck ausgelagert. Dazu gehört auch eine zigarettenschachtelgroße "Tracking Unit", die die Positionsdaten anhand einer Infrarot-Diode am Stift erkennt, Koordinaten errechnet und an die Brillen weitergibt.

Das Start-up zählt mittlerweile 34 Mitarbeiter, der Großteil davon Entwickler. 2019 möchte man mit dem Produkt am Markt sein. Ein Standort im Silicon Valley soll noch heuer Wirklichkeit werden. Haspinger rechnet damit, dass Datenbrillen in den kommenden Jahren auch auf den Markt für Privatanwender vordringen – wodurch sich auch eine erweiterte Zielgruppe für die Entwicklungen von Holo-Light ergibt. (Alois Pumhösel, 30.6.2018)