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Das Kräftemessen der fußballerisch begabten Franzosen (links: Lucas Hernandez) und Dänen (rechts: Christian Eriksen) wurde zu einem dezenten Bauchfleck.

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Sämtliche Vorstöße wie jener hier von Olivier Giroud (li) gegen Andreas Christensen (re) konnten neutralisiert werden.

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André Carrillo vom FC Watford macht aus seiner hellen Freude, Perus erster WM-Torschütze seit 36 Jahren zu sein, kein Geheimnis.

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Moskau/Sotschi – Das europäische Duell, das Duell der zwei nominell stärksten Mannschaften in Gruppe C, gerierte sich als moralische Herausforderung für Frankreich und Dänemark. Mit einem Remis wären Les Bleus Gruppenerster und Danish Dynamite als Zweiter im Achtelfinale gewesen, diese Möglichkeit der beidseitigen Wunscherfüllung legte ein 0:0, 1:1, 2:2 nahe. Die Protagonisten leugneten das im Vorfeld freilich: Man könne nicht auf Unentschieden spielen, wolle gewinnen, et cetera.

Manchmal liegt die Wahrheit ungeachtet aller Phrasenschweine wirklich auf dem Platz, so auch Dienstagnachmittag im Moskauer Luschniki-Stadion. Weiteres zur Ausgangslage: Dänemarks Aufstieg war ohnehin nur im Fall eines australischen Sieges gegen Peru in Gefahr. Unabhängig des Parallelspiels hätte ein Erfolg gegen Frankreich den Gruppensieg und damit die wahrscheinliche Vermeidung Kroatiens im Achtelfinale bedeutet.

Die Skandinavier hatten also durchaus Gründe, gegen eine an sechs Positionen veränderte französische Elf aufs Ganze zu gehen. Das tat zu Beginn vor allem Stürmer Martin Braithwaite im Dribbling, wirkliche Chancen seiner Rot-Weißen suchte Teamchef Age Hareide in der ersten Halbzeit aber umsonst.

Entspannung

Frankreich wirkte bemüht, produzierte aber keine Heuler. Dass Peru im Parallelspiel früh in Führung ging, führte etwaige Übervorsicht der Dänen eigentlich ad absurdum, die Skandinavier betrachteten die gegnerische Hälfte dennoch eher mit dem Opernglas.

Dass die Parallelspiele dieses Parallel- im Namen tragen, ist ja einer ähnlichen Situation geschuldet. Der 25. Juni 1982, die Schande von Gijón: Damals waren die Spiele der letzten Runde nicht zeitgleich, Algerien hatte Deutschland und Österreich mit einem 3:2-Sieg gegen Chile unter Druck gesetzt. Im "Córdoba-Rückspiel" reichte beiden Teams ein 1:0-Sieg Deutschlands – so wurde nach Horst Hrubeschs Treffer in der 10. Minute fröhlich der Ball hin und her geschoben. Die ehrenhafte Ausnahme war Walter Schachner, aber ein Kicker macht noch kein Fußballspiel.

Derartiges spielte sich in Moskau freilich nicht ab, Frankreich schien dem Torerfolg durchaus zugeneigt, hatte Pech, dass ein mögliches Elfmeterfoul an Lucas Hernandez ungeahndet blieb. Es war dies wohl ein Spiel, das auch unter anderen Umständen auf ein 0:0 zusteuern hätte können. Frankreichs Einsergoalie Hugo Lloris war fehlerfrei, kein Wunder, er saß auf der Bank. Ersatzmann Steve Mandanda wurde 33-jährig zum ältesten Teamdebütanten der Equipe Tricolore, ließ einen fangbaren Freistoß fahrlässig abprallen. Es war kein Däne zur Stelle und trotzdem war es der bis dahin größte Aufreger (54.).

Es gab sie dann doch, die Chancen: Eriksen schoss vorbei (59.), Nabil Fekir schüttelte das Außennetz (71.), scheiterte an Kasper Schmeichel (82.). Ansonsten Neutralisierung. Die Fans pfiffen und machten sich lustig, feierten phasenweise lautstark jeden Pass. Peru führte gegen Australien 2:0, Dänemark machte trotzdem nicht auf, verteidigte brav weiter.So bekam die WM ihr erstes 0:0, Frankreich den Gruppensieg, Dänemark die Achtelfinalteilnahme. Man hätte es sich denken können, aber nur Schelme denken derart Böses.

Australische Harmlosigkeit

Nur bei einem vollen Erfolg gegen die bereits gescheiterten Südamerikaner durften sich die Australier Hoffungen auf das Achtelfinale machen. Doch schon vor Anpfiff sprach nichts für einen Sturmlauf der Socceroos. Coach Bert van Marwijk ließ Altstar Tim Cahill (38), der in 106 Länderspielen 50 Tore erzielt hatte, erneut nicht beginnen. Auch Jungstar Daniel Arzani (19) saß nur auf der Bank. Die Australier waren mehr am Ball, aber nicht auf der Höhe. Es bedurfte schon eines deutlichen Weckrufes. Der kam von André Carrillo, der nach Zuspiel von Paolo Guerrero volley zur peruanischen Führung netzte (18.) – das erste WM-Tor der seit 36 Jahren wurde am Rasen und auf den Tribünen enthusiastisch gefeiert.

Fast behäbig setzten sich die Australier nun in Bewegung, Mathew Leckie fand noch die beste Ausgleichschance vor (35.). Peru hatte kein Problem, die Führung in die Kabine zu bringen. Dennoch sah Van Marwijk, der die Niederlande 2010 zur Vizeweltmeisterschaft gecoacht und vor Australien Saudi-Arabien betreut hatte, zur Pause keinen Handlungsbedarf. Die Strafe folgte fast auf dem Fuß. Nach schnellem Gegenstoß und einem Pressball von Christian Cueva kam Kapitän Guerrero an den Ball und traf zur Vorentscheidung (51.).

Erst jetzt durfte Cahill bei seiner vierten WM stürmen. Und auch Arzani kam. Die Bemühungen, Cahill einzusetzen, machten das australische Spiel dann noch leichter ausrechenbar. Nachdem die Peruaner ihrerseits nachjustiert hatten, lag ein höherer Sieg für die Mannschaft von Ricardo Gareca in der Luft. Edison Flores traf noch die Stange. Der Sieg wurde Jefferson Farfan gewidmet, der im Training eine Gehirnerschütterung erlitten hatte. (Martin Schauhuber, Sigi Lützow, 26.6.2018)

Fußball-WM in Russland, Gruppe C, 3. Runde:

  • Dänemark – Frankreich 0:0. Moskau, Luschniki-Stadion, 78.000, SR Ricci (BRA)

Dänemark: Schmeichel – Dalsgaard, Kjaer, Christensen, Stryger Larsen – Jörgensen, Delaney (92. Lerager), Eriksen, Cornelius (75. Dolberg), Sisto (60. Fischer) – Braithwaite

Frankreich: Mandanda – Sidibe, Varane, Kimpembe, Hernandez (50. Mendy) – Kante, N'Zonzi – Dembele (78. Mbappe), Griezmann (68. Fekir), Lemar – Giroud

Gelbe Karten: Jörgensen bzw. keine

  • Australien – Peru 0:2 (0:1). Sotschi, Fischt-Stadion, 44.073, SR Karasew (RUS).

Tore:
0:1 (18.) Carrillo
0:2 (50.) Guerrero

Australien: Ryan – Risdon, Sainsbury, Milligan, Behich – Jedinak, Mooy – Leckie, Rogic (72. Irvine), Kruse (58. Arzani) – Juric (53. Cahill)

Peru: Gallese – Advincula, Ramos, Santamaria, Trauco – Tapia (63. Hurtado), Yotun (46. Aquino) – Carrillo (79. Cartagena), Cueva, Flores – Guerrero

Gelbe Karten: Jedinak, Arzani, Rogic, Milligan bzw. Yotun, Hurtado

Stimmen:

Age Hareide (Dänemark-Trainer): "Wir sind sehr kompakt gestanden, die Franzosen sind sehr gefährlich mit ihren Konterattacken. Wir haben sehr hart gearbeitet, die Disziplin meiner Mannschaft hat mich überzeugt."

Didier Deschamps (Frankreich-Trainer): "Wir haben das Notwendigste getan und wollten den ersten Platz halten. Sie (die Dänen, Anm.) kamen ja nicht. Wenn sie nur einen Punkt wollten, warum sollten wir dann ein Risiko eingehen?"

Bert Van Marwijk (Teamchef Australien): "Ich dachte heute eigentlich, dass wir besser gespielt haben als der Gegner. Die haben zweimal auf das Tor geschossen, wir hatten Chancen ohne Ende. Meine Spieler haben alles umgesetzt, was ich wollte. Wir haben viele Chancen erarbeitet, aber keine Tore geschossen. Wir haben bis zum Schluss alles versucht. Es lag daran, dass wir die Tore nicht gemacht haben, nicht an der Einstellung und auch nicht am Gegner. Ich bin sehr glücklich, dass ich mit diesen Jungs arbeiten durfte."

Ricardo Careca (Teamchef Peru): "Es ist ein ganz großer Moment für Peru, ich bedanke mich bei den Spielern, dem Verband und vor allem bei den Fans für die unglaubliche Unterstützung. Es war ein psychologisch schwieriges Spiel. Wir mussten zwei Niederlagen in Folge verarbeiten. Es ist ein Turnier mit großartigen Mannschaften. Wir haben heute gegen ein physisch sehr starkes Team gespielt. Mein Spieler haben in allen Belangen das Beste gegeben. Ich möchte meiner Mannschaft für ihr Auftreten heute gratulieren."