Bild nicht mehr verfügbar.

Andrej Babiš bei der Angelobung seines neues Kabinetts.

Foto: REUTERS/David W Cerny

Prag – Der tschechische Staatspräsident Miloš Zeman hat am Mittwoch die neue Regierung von Ministerpräsident Andrej Babiš angelobt. Das Minderheitskabinett besteht aus Mitgliedern von Babiš' Protestbewegung ANO und Sozialdemokraten (ČSSD). Babiš selbst war bereits vor drei Wochen zum Regierungschef ernannt worden.

In der Regierung ist ANO mit zehn Mitgliedern vertreten, die ČSSD wird fünf Ressorts führen. Wie erwartet, ernannte Zeman nicht den offiziell vorgeschlagenen Europaabgeordneten Miroslav Poche (ČSSD) zum Außenminister. Das Ressort wird vorübergehend der ČSSD-Chef und neue Innenminister Jan Hamáček führen. Hamáček ist gleichzeitig neuer Vizepremier.

Zeman wirft Poche vor allem eine zu entgegenkommende Haltung beim Thema Migration vor. Die Medien weisen außerdem darauf hin, dass Poche bei der heurigen Präsidentenwahl Zemans Herausforderer Jiří Drahoš öffentlich unterstützt hatte. Unterdessen verlautete in Prag, dass Poche doch im Außenministerium auftauchen werde – entweder als Stellvertreter oder als Berater des Ministers.

Kompetenzklage möglich

Kritiker fordern in diesem Zusammenhang eine Kompetenzklage gegen Zeman, weil Zeman abgelehnt hat, Poche zum Minister zu ernennen, obwohl er offiziell von Babiš vorgeschlagen wurde. In der Verfassung heißt es, der Staatspräsident "ernennt" die Regierungsmitglieder bzw. "beruft sie ab". Allerdings ist es im Grundgesetz nicht ausgesprochen als Pflicht des Staatschefs verankert. Außerdem gibt es diesbezüglich keine zeitliche Befristung.

Der bisherige Außenminister Martin Stropnicky wird in der neuen Regierung nicht mehr vertreten sein. Auch die bisherige Verteidigungsministerin Karla Slechtova musste gehen – ihr Ressort wird nun der bisherige Innenminister Lubomir Metnar führen.

Babiš erklärte bei der Zeremonie, seine Regierung werde sich "vor allem für die Sicherheit unserer Bürger, gegen illegale Migration und für unsere Interessen in der EU einsetzen". "Wir haben die Kraft, an die Spitze Europas zurückzukehren, wo wir unter Masaryk (dem ersten tschechoslowakischen Staatspräsidenten Tomáš Garrigue Masaryk, Anm.) waren", betonte Babiš weiter.

Vertrauensabstimmung im Juli

Die Vertrauensabstimmung ist voraussichtlich für die zweite Juliwoche vorgesehen. Die neue Minderheitsregierung soll erstmals seit 1989 von den Kommunisten (KSČM) geduldet werden. Eine endgültige Entscheidung will die KSČM am kommenden Wochenende bei der Sitzung ihres Zentralkomitees fällen. Es wird mit einer Zustimmung gerechnet, sodass die neue Regierung höchstwahrscheinlich die Vertrauensabstimmung gewinnen wird.

Mit der Angelobung des neuen Kabinetts wurde der langwierige Prozess der Regierungsbildung acht Monate nach den Parlamentswahlen abgeschlossen. Ein Kabinett unter Führung von Babiš war schon Ende 2017 ernannt worden; es scheiterte jedoch an der Vertrauensabstimmung im Jänner 2018. Danach amtierte die Regierung, die aus ANO-Mitgliedern und parteilosen Experten bestand, geschäftsführend. (APA, 27.6.2018)