Das Rettungsschiff Lifeline soll Mittwochabend in Malta anlegen.

Foto: apa/afp/mission lifeline/hermine

Dresden/Valletta/Tripolis – Der maltesische Regierungschef Joseph Muscat hat am Mittwoch angekündigt, dass das Flüchtlingsschiff "Lifeline" auf der Mittelmeerinsel anlegen kann. "Ich denke, dass das Schiff heute Abend unsere Küsten erreichen wird", sagte Muscat.

Das von der Dresdner Hilfsorganisation Mission Lifeline betriebene Schiff harrt seit Tagen mit mehr als 230 Flüchtlingen an Bord im Mittelmeer aus, da Italien und auch Malta bisher ein Anlegen an ihren Häfen verweigert hatten.

Muscat kündigte an, zunächst würden "die Flüchtlinge verteilt", danach werde das Schiff beschlagnahmt. Er verwies darauf, dass außer seinem Land noch sieben weitere EU-Staaten ihre Bereitschaft zur Aufnahme eines Teils der "Lifeline"-Flüchtlinge erklärt hätten. Er nannte Italien, Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Irland, Belgien und Frankreich.

Schiff wird beschlagnahmt

Das Schiff darf nun zwar auf der Insel Malta anlegen, wird dann aber beschlagnahmt, wie Muscat auf einer Pressekonferenz sagte. Gegen die Besatzung der deutschen Hilfsorganisation werde zudem ermittelt.

"Dieses Schiff war staatenlos, es wird festgesetzt", so der maltesische Premier. "Das ist keine Blaupause für die Rettung von Migranten." Vielmehr sei ein System notwendig, um Wirtschaftsflüchtlinge so schnell wie möglich zurückschicken zu können. Wenn Malta in rechtlichen Kategorien entscheiden würde, müsste das Anlegen des Schiffes abgelehnt werden.

Das Schiff werde für Ermittlungen beschlagnahmt, so Muscat. Der Kapitän der "Lifeline" habe gegen "internationale Gesetze verstoßen und Anweisungen der italienischen Behörden missachtet" und das Schiff damit selbst in seine schwierige Lage gebracht.

Anweisung widersetzt

Die Hilfsorganisation wies die Vorwürfe zurück. Die "Lifeline" habe sich lediglich der Anweisung widersetzt, die geretteten Flüchtlinge in Tripolis der "sogenannten libyschen Küstenwache" zu übergeben, erklärte Mission Lifeline in einer Stellungnahme. Die Organisation verweist auf den Grundsatz der Nichtzurückweisung in der Genfer Flüchtlingskonvention.

Schon am Dienstag hatte es so ausgesehen, als sei für die "Lifeline" eine Lösung in Sicht. Die Besatzung wartete aber weiter auf die Genehmigung, in Malta einlaufen zu dürfen. Mittwoch früh durfte die "Lifeline" dann zum "Windschutz" in maltesische Hoheitsgewässer einfahren, wie die Hilfsorganisation im Kurznachrichtendienst Twitter bekannt gab.

Der Kapitän Claus-Peter Reisch hatte die maltesischen Behörden zuvor in einem dramatischen Appell darum gebeten, das Schiff vor der Küste Maltas vor hohen Wellen und starkem Wind in Sicherheit bringen zu dürfen. Die "Lifeline" habe schon jetzt viele Seekranke an Bord, erklärte Reisch in einem E-Mail, das die Organisation auf Twitter verbreitete.

Italien sieht "Erfolg"

Italien begrüßte die Aufnahme der "Lifeline" in Malta. Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini sprach von einem "Erfolg der italienischen Regierung": "Das illegale Schiff 'Lifeline' wird in Malta eintreffen, wo es zu Kontrollen gestoppt wird. Das ist ein weiterer Erfolg der italienischen Regierung. Nach Jahren leerer Worte sieht man in einem Monat Tatsachen", so Salvini auf Facebook.

"Die 'Lifeline' fährt nach Malta. Das ist ein großer Erfolg für Italien, der auch zum Erfolg für Europa werden kann, wenn Solidarität über Egoismus überwiegt", erklärte auch der italienische Verkehrsminister Danilo Toninelli, der für die italienischen Häfen verantwortlich ist.

Gespräche zur Aufnahme

Die deutsche Regierung erklärte am Mittwoch, sie habe noch nicht entschieden, ob einzelne Bundesländer "Lifeline"-Flüchtlinge aufnehmen dürfen. Niedersachsen, Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein hatten dies angeboten. Regierungssprecher Steffen Seibert verwies auf laufende Gespräche zur der Angelegenheit. Alle Beteiligten seien aufgerufen, zu humanitären Lösungen beizutragen.

Auch eine Sprecherin des deutschen Innenministeriums bestätigte die Gespräche. Zu Meldungen, Innenminister Horst Seehofer (CSU) wende sich gegen die Aufnahme der Flüchtlinge, wollte sie nicht Stellung nehmen.

Die Linken-Abgeordnete Petra Pau erklärte dagegen, sie habe Seehofer im Innenausschuss des Bundestages gefragt, ob er Grünes Licht dafür gebe, dass Flüchtlinge von dem Schiff in Deutschland aufgenommen würden. Daraufhin habe Seehofer erklärt, das Schiff sei "zu beschlagnahmen und die Crew strafrechtlich zu verfolgen". Es komme darauf an, einen Präzedenzfall zu vermeiden.

"Blockade"

Die Hilfsorganisation Mission Lifeline hatte Seehofer vorgeworfen, vor dem Hintergrund des Asylstreits in der Union eine "Lösung zu blockieren". Wenn die Lage an Bord des Schiffes angesichts des schlechten Wetters und der Erschöpfung vieler Flüchtlinge eskaliere, trage Seehofer allein die Verantwortung, erklärte Lifeline-Mitgründer Axel Steier.

Das Schiff hatte die Flüchtlinge am Donnerstag vergangener Woche nahe der libyschen Küste aufgenommen. Italien und zunächst auch Malta verweigerten der "Lifeline" jedoch das Anlaufen eines Hafens. Das Schiff harrte deshalb tagelang in internationalen Gewässern vor der Küste der Mittelmeerinsel aus. (APA, 27.6.2018)