Seit die zwölfjährige Lisa ins Internet darf, hat sich laut ihrer Mutter ihr Verhalten ziemlich verändert. Das Mädchen will sich nun schminken und eine bestimmte Markenkleidung tragen. Deshalb streiten sich Mutter und Tochter häufig. Der Vater sieht das Ganze weniger tragisch und findet, dass seine Frau da ziemlich übertreibt.

Erich und Laurenz (13 und 15 Jahre alt) möchten gerne Spieleprogrammierer werden. Sie spielen, sooft sie können, auf dem Computer oder der Playstation. Ihr Papa hätte gerne mehr Einblick in ihr Hobby – was die beiden nervt. Am liebsten sind sie im Zimmer und kommen nur raus, wenn es sein muss. Das Familienleben, so die Eltern, leidet sehr unter den Söhnen.

Vera (16) und Marina (15) sind Schulfreundinnen und immer mit der gleichen Mädchenclique aus ihrer Klasse unterwegs. Obwohl alle Mädchen unterschiedlich sind, bevorzugen sie die gleichen Trends. Am liebsten gehen die Freundinnen miteinander shoppen. Dabei kundschaften sie die Geschäfte nach neuen Trends aus. Was gerade in ist, finden sie auf Social Media. Das ist für beide auch deswegen wichtig, um bei den Jungs gut anzukommen.

Kinder suchen nach Vorbildern

Kinder suchen Menschen, an denen sie sich orientieren können. Im Volkschulalter sind das die eigenen Eltern, Geschwister oder auch andere Erwachsene, die die Kinder irgendwie beeindruckend finden. So lernt der Nachwuchs, was man in bestimmten Situationen sagt, wie man sich verhält und wie man auf bestimmte Erlebnisse reagiert. Sie experimentieren herum, passen sich an ihre Vorbilder an. Später bilden Kinder durch Vorbilder ihre eigenen Normen und Werte heraus. Im besten Fall ahmen Kinder ihre Vorbilder nicht nur nach, sondern sie hinterfragen diese auch oder denken über sie und ihre Handlungen nach.

Youtube-Stars wie Bibi sind die heutigen Vorbilder der Kinder.
Screenshot: Youtube

Motivation und Ansporn durch Vorbilder

Kinder werden durch ihre Vorbilder auch in ihrem Selbstbewusstsein und dem Vertrauen in sich selbst gestärkt. Denn oftmals haben Idole die gleichen Stärken wie das Kind selbst. Womöglich suchen Kinder ihre Vorbilder auch nach ihren eigenen Stärken aus.

Oft ist es so, dass uns Vorbilder zeigen, wie und was alles möglich sein kann: für die eigene Sache einstehen, konsequent sein, bereit sein, sich anzustrengen und ein Ziel zu verfolgen. Dies kann durchaus bedeuten, dass ein Kind sich seines Vorbildes wegen mehr anstrengt – vielleicht auch, um so zu werden.

Vorbilder in sozialen Netzwerken finden

Jugendliche suchen ihre Vorbilder auf Social Media. Instagram, Youtube und Snapchat haben es erlaubt, dass auch gewöhnliche Menschen eine Plattform haben, um sich selbst zu präsentieren und womöglich berühmt zu werden. Und das fasziniert die Jugendlichen. Denn das suggeriert, dass auch sie selbst diesen Traum erreichen können.

Meist ist es die Peer-Group, die bestimmt, wer gerade in ist. Nicht zuletzt spielt bei der Auswahl eine Rolle, ob es jemand ist, mit dem man gerne befreundet wäre. Wichtig ist auch, sich vom Idol etwas abzuschauen und sich in seinem Tun und Erleben wiederzufinden. Schlussendlich ist es vor allem von großer Bedeutung, dass die Freunde dieses Vorbild ebenfalls super finden.

Es geht ums Dazugehören

Weshalb Jugendliche sich für eine immer zeitintensivere Aktivität auf Social Media entscheiden, liegt in dem Wunsch begründet, dazuzugehören und up to date zu sein, alles mitzubekommen und auf Postings Likes zu erhalten. Die Unmittelbarkeit der schnellen Rückmeldung darüber, ob etwas ankommt oder nicht, und die Einzigartigkeit und Ausschließlichkeit der Aufmerksamkeit in dieser Kommunikationsform sind für die Jugendlichen besonders interessant. Soziale Netzwerke können Jugendlichen mitunter ein Wir-Gefühl vortäuschen, dass diese gerne hätten und manchmal im realen Leben so nicht finden.

Angst davor, etwas in der virtuellen Welt zu verpassen

Das Nutzen sozialer Plattformen kann Jugendliche sehr schnell abhängig machen. So kann die Angst, etwas zu versäumen und nicht mehr ganz aktuell auf dem letzten Stand der Dinge zu sein – auch "Fomo" genannt, kurz für "Fear of missing out" –, dazu führen, dass Jugendliche ihre Zeit im Netz nicht selbst begrenzen können. Sie schlafen zu wenig, riskieren mitunter den Verlust ihrer realen Freunde, lügen, was den Umfang der Nutzung diverser Plattformen betrifft, schauen und chatten heimlich. Sie nutzen einfach jede Gelegenheit dazu, sich in der virtuellen Welt zu bewegen.

Es ist für Erwachsenen oft schwer nachvollziehbar, was und welche Dinge sich die Kinder und Jugendlichen im Internet anschauen und/oder spielen. Hier sind Eltern und Bezugspersonen gefragt, mit ihren Kindern und Jugendlichen das Gespräch zu suchen, Interesse zu zeigen, ihre Motivation zu hinterfragen, mit ihnen gemeinsam die Vorteile und Nachteile, die Gefahren zu diskutieren und dem Nachwuchs altersadäquat Eigenverantwortung zu übertragen.

Ihre Erfahrung?

Was waren Ihre Vorbilder in Ihrer Kinder- und Jugendzeit? Welche Vorbilder haben Sie heute? Welche Vorbilder haben Ihre Kinder und Jugendlichen heute? Wie sehen Sie die Wichtigkeit von Vorbildern für Ihre Kinder? Posten Sie Ihre Erfahrungen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 29.6.2018)