Die 28-jährige Politiknovizin Alexandria Ocasio-Cortez gewann die Vorwahl in New York.

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Auch die Kandidatin selbst schien über die Höhe des Sieges zwischenzeitlich überrascht.

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Mitt Romney will – und wird aller Voraussicht nach – Utah im US-Senat vertreten.

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Washington/Wien – "Wow!", befand Donald Trump auf Twitter und war damit vermutlich nicht allein. Seine Schlussfolgerung zur überraschenden Vorwahlniederlage von Joe Crowley, der als künftiger Star der Demokraten gegolten hatte, teilten allerdings die wenigsten. "Vielleicht hätte er netter und respektvoller mit seinem Präsidenten umgehen sollen!", meinte nämlich Trump. Allerdings: Was Crowley Stunden zuvor zum Verhängnis geworden war, war vermutlich das Gegenteil. Der 56-Jährige galt seinen Wählern nämlich vielmehr als zu wenig links stehend, als Vertreter jenes Establishments, das sie mit der Niederlage Hillary Clintons gegen Trump vor knapp zwei Jahren verbinden.

Dass seine Niederlage in einem Wahlbezirk aus Teilen von Bronx und Queens in US-Medien und der Demokratischen Partei nun große Wellen schlägt, liegt aber auch an seiner Konkurrentin. Crowley war Alexandria Ocasio-Cortez unterlegen, einer 28-jährigen Politiknovizin, deutlich liberaler als er, unterstützt von Bernie Sanders, Mitglied der Demokratischen Sozialisten Amerikas und in einfachen Verhältnissen aufgewachsene Latina. Sie steht für den linken Flügel der Partei, der sich nicht länger damit zufriedengeben will, kompromissorientierte Kandidaten nach dem Gesichtspunkt ihrer vermeintlichen Wählbarkeit auszusuchen.

Establishment-Gegner auf dem Vormarsch

Ocasio-Cortez´ deutlicher Sieg mit 58 Prozent der Stimmen wiegt umso schwerer, als auch in anderen Vorwahlen Establishment-Gegner siegten: Um den Gouverneursposten in Maryland darf sich etwa statt des Parteifavoriten Rushern Baker im November der Sanders-Anhänger Ben Jealous bewerben. Auch in mehreren anderen Wahlkreisen wurden altgediente Veteranen nur knapp gewählt oder unterlagen ihren weiter links stehenden Gegnern.

Bisher führende Demokraten hatten damit argumentiert, ihren knappen Vorsprung in Umfragen für die Kongresswahl im November nicht durch Experimente bei der Kandidatenwahl zu gefährden. Doch die Wähler der eigenen Partei zogen diesmal nicht mit – welche Folgen das für die künftige Politik der Demokraten haben wird, ist freilich noch schwer absehbar, besonders weil in bisherigen Vorwahlrunden auch mehrfach Establishment-Kandidaten gesiegt hatten. Gut möglich also, dass Trumps Häme über Crowleys Niederlage sich als verfrüht erweist.

Aktiv von Trump unterstützt

Mehr gefreut haben dürfte sich der Präsident ohnehin über den Erfolg seiner Anhänger bei den Vorwahlen der eigenen Partei. So gratulierte er via Twitter ebenso gleich im Anschluss an die Schelte für Crowley dem Gouverneur von South Carolina, Henry McMaster, der als Verbündeter des Staatschefs gilt. Auch bei den am Dienstag ausgetragenen Rennen um die Kandidatur für das Repräsentantenhaus setzten sich großteils jene Kandidaten durch, die durch ihre Nähe zum Präsidenten aufgefallen sind oder aktiv von Trump unterstützt wurden. Vertreter des Trump-kritischen alten Parteiestablishments gingen hingegen unter.

Mit einer Ausnahme: In Utah setzte sich der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney, der Trump mehrfach heftig attackiert hatte, mit 71 Prozent im Rennen um die Kandidatur für den Senat durch. Utah gilt wegen seiner großteils konservativen mormonischen Bevölkerung als eine Bank der Republikaner, der Sieg in der Vorwahl ist deutlich mehr als die halbe Miete zum Wahlsieg im Herbst. Allerdings sehen viele Mormonen Trump wegen seines wenig prinzipientreuen Lebensstils kritisch, manche fürchten als Minderheit in den USA auch das Erstarken einer intoleranten, rassistischen Rechten.

Dass Romney dort gewonnen hat, liegt aber auch an regionalen Loyalitäten. Der mormonische frühere Gouverneur von Massachusetts, der als liberaler Republikaner gilt, ist in dem Staat auch deshalb beliebt, weil seine Familiengeschichte eng mit einflussreichen Persönlichkeiten aus der Geschichte Utahs verbunden ist. Im künftigen Senat wird also aller Voraussicht nach zumindest ein Republikaner sitzen, auf den sich Trump nicht auf Biegen und Brechen verlassen kann. (Manuel Escher, 27.6.2018)