Österreich hat eine "Task Force" für Migration, Deutschland eine für Digitales: Erstmals in der Geschichte der deutschen Republik ist am Mittwoch ein Kabinettsausschuss zusammengekommen, der sich speziell mit Fragen der Digitalisierung befassen und dabei die Interessen der unterschiedlichen Ressorts besser vernetzen soll.

"Wir müssen mehr Tempo bekommen", schrieb Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) im Internetdienst Twitter, wo sie ein Foto veröffentlichte, das sie am Kabinettstisch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtschef Helge Braun (beide CDU) zeigt.

Wandel in der Arbeitswelt

Themen in der ersten Sitzung dieses Digitalkabinetts waren demnach unter anderem künstliche Intelligenz, der Einsatz von Blockchains, wie sie beispielsweise bei digitalen Währungen zum Einsatz kommen, und der Wandel in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung. Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) stellte die Eckpunkte einer Strategie zur künstlichen Intelligenz vor, wie ihr Ministerium mitteilte.

Der digitale Wandel sei "eine der großen Herausforderungen für Politik und Gesellschaft", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Zugleich gebe es "immense Chancen, wenn wir die Digitalisierung klug gestalten".

Richtiges Gremium

Nötig sei dafür eine engere Koordinierung. "Dafür ist der Ausschuss das richtige Gremium", sagte Seibert. Im November soll es nach seinen Angaben eine Sitzung des Ausschusses geben, bei der eine Strategie und auch messbare Zielvorgaben beschlossen werden sollen.

Die Bundesregierung plane zudem eine nationale Strategie zur künstlichen Intelligenz und eine umfassende Blockchain-Strategie. Ziel sei es, in der Arbeitswelt die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Menschen auch Teilhabe ermögliche.

"Mit dem Kabinettsausschuss für Digitalisierung kommt hoffentlich endlich ein wenig Ordnung in die Digitalisierungsvorhaben der Bundesregierung", erklärte die Grünen-Politikerin Tabea Rösner. "Ich befürchte aber, dass wir die Erwartungen nicht allzu hoch schrauben dürfen, da wir noch immer nicht wissen, in welche Richtung die Bundesregierung bei der Digitalpolitik eigentlich marschiert." Der Erfolg des Digitalkabinetts werde auch daran gemessen werden müssen, ob in entscheidenden Diskussionen auch das Parlament und die Zivilgesellschaft mit einbezogen würden.

Es sei ein "positives Signal für die deutsche Industrie, dass die Bundesregierung einen Kabinettsausschuss für Digitalisierung einrichtet", erklärte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. "Es ist höchste Zeit, dass sich die Ministerien in der Digitalpolitik enger abstimmen", mahnte er.

Deutschland brauche mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung, um Technologien wie Blockchains oder künstliche Intelligenz voranzutreiben, forderte Kempf. Das Niveau privater Investitionen in künstliche Intelligenz liege in Europa bei 2,4 Mrd. Euro – in Nordamerika sei es fünf bis sechs Mal höher. (APA, 27.6. 2018)