Straußen wird nachgesagt, gerne den Kopf in den Sand zu stecken. Tun sie aber gar nicht – und Schuldner sollten ebenfalls anders reagieren, wenn Mahnungen ins Haus flattern.

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Bei den meisten steckt bloß Vergesslichkeit oder eine kurzfristige finanzielle Verknappung dahinter, wenn ein Mahnschreiben ins Haus flattert. Wer sich jedoch am Rande der Überschuldung bewegt oder schon einen Schritt weiter ist, für den gehören Schriftstücke von seinen Gläubigern und deren Inkassobüros fast zum Alltag. Aber was ist diesen eigentlich erlaubt, um an ihr Geld zu kommen. Und wie sollten sich Schuldner verhalten? Ein Überblick für Privatpersonen aller Bonitätsklassen.

· Zahlungsfristen Grundsätzlich ist es ratsam, Außenstände stets fristgerecht zu begleichen. Vorschriften über die Länge der Frist gibt es, sofern nicht vertraglich geregelt, jedoch keine. "Wenn ein Inkassobüro binnen zwei Tagen etwas fordert, so ist das wohl rechtens, aber unsinnig, weil realitätsfern", sagt Clemes Mitterlehner, Chef der ASB Schuldnerberatung.

· Zahlungserinnerungen Theoretisch kann ein Gläubiger gegen einen säumigen Schuldner sofort den Gerichtsweg beschreiten. In der Praxis hat sich jedoch ein Mahnwesen etabliert.

· Mahnspesen Dass Privatpersonen keine Mahnspesen zahlen müssen, ist laut Mitterlehner nicht zutreffend. Sind in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Anbieters Mahnspesen vereinbart, sind diese auch zu begleichen. Anderenfalls können nur tatsächlich anfallende Kosten in Rechnung gestellt werden, also zum Beispiel das Briefporto.

· Verzugszinsen Mit Eintritt des Zahlungsverzugs können auch Verzugszinsen verrechnet werden. Entweder ist der Zinssatz ebenfalls in den AGB geregelt, anderenfalls kommt laut Allgemeinem bürgerlichem Gesetzbuch ein Zinssatz von vier Prozent pro Jahr zur Anwendung.

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Mahnungen ungeöffnet zu zerknüllen ist keine empfehlenswerte Vorgangsweise.
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· Inkassobüros Zumeist betreibt ein Inkassobüro die Schuldeneintreibung als Dienstleistung für den Gläubiger. Zur Höhe der Kosten gibt es laut Mitterlehner eine "schwer durchschaubare" Inkassogebührenverordnung. Oft würden Inkassokosten auch als Schadenersatz geltend gemacht und gerichtlich auch zugesprochen.

Müssen Gläubiger auch befürchten, dass eines Tages Herren vom Inkassobüro auf der Türmatte stehen? "An der Türe klingeln ist jedermann erlaubt", sagt Mitterlehner. Es ist ihm zufolge aber auch zulässig, dem Inkassobüro die Türe vor der Nase zuzuschlagen. Jedenfalls sollten sich Betroffene nicht einschüchtern lassen, auch wenn die Schuldeintreiber verbale Druckmittel wie Klagsdrohungen einsetzen.

Auf keinen Fall sollten "Vereinbarungen zwischen Tür und Angel" unterschrieben werden, warnt Mitterlehner, denn damit würden oft strittige Forderungen anerkannt. Vielmehr sollte ein Angebot in Ruhe geprüft und gegebenenfalls Rat der Arbeiterkammer oder des Vereins für Konsumenteninformation eingeholt werden.

· Gerichtsvollzieher Im Gegensatz zum Inkassobüro hat ein Gerichtsvollzieher das Recht, den Wohnraum zu betreten. Wird ihm dies verwehrt, ist es ihm laut Mitterlehner erlaubt, beim nächsten Mal mit einem Schlosser anzurücken.

· Unbekannte Forderungen Ist der Ursprung einer Forderung unbekannt, rät Mitterlehner zunächst, auf der Website watchlist-internet.at oder beim Internet-Ombudsmann zu prüfen, ob es sich dabei um eine bekannte Betrugsmasche handelt. Anderenfalls sollte man mit dem Gläubiger Kontakt aufnehmen. Manchmal werden Forderungen auch an Dritte verkauft oder abgetreten. Dabei berichtet Mitterlehner aus der Praxis, dass wegen des Namenswechsels des Gläubigers Verbraucher oft nicht mehr wissen, um welchen Fall es dabei ursprünglich geht.

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Sollte wegen eines kurzfristigen finanziellen Engpasses eine Rechnung nicht fristgerecht beglichen werden können, sollte man auf den Gläubiger zugehen.
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· Finanzielle Engpässe Sollte absehbar sein, dass eine einzelne Forderung nicht fristgerecht beglichen werden kann, rät Mitterlehner dazu, auf den Gläubiger zuzugehen und gegebenenfalls ein neues Zahlungsziel oder eine Ratenzahlung zu vereinbaren – Anspruch hat der Gläubiger darauf allerdings nicht. "Aber wichtig ist dabei, keine Versprechen zu machen, die man nicht halten kann", betont Mitterlehner.

· Drohende Überschuldung Wem die Schulden über dem Kopf zu wachsen drohen, dem rät Mitterlehner, eine Schuldnerberatung aufzusuchen – und zwar bevor das finanzielle Kartenhaus zusammenbricht: "Auf keinen Fall sollte man den Kopf in den Sand stecken, das ist die schlechteste Taktik." Aus Erfahrung berichtet der Schuldnerberater, dass sich jede nicht beglichene Forderung inklusive Inkassokosten alle fünf Jahre verdoppelt. "Ganz wichtig ist es, in dieser Situation keine weiteren Schulden zu machen", warnt Mitterlehner. Sonst könne es sich dabei um Betrug handeln. (Alexander Hahn, 1.7.2018)