Schlumberger-Chef Arno Lippert beklagt Wettbewerbsverzerrung.

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Wien – Die Regierung hat angekündigt, Steuern mit hohem Verwaltungsaufwand und vergleichsweise wenig Ertrag zu streichen. Nun hoffen österreichische Sekthersteller, dass auf die Ankündigung Taten folgen. Arno Lippert, Chef von Österreichs größtem Produzenten, Schlumberger, legt sich im STANDARD-Gespräch fest. "Bei Fallen der Sektsteuer legen wir sogar noch was drauf", sagt er.

Lippert will den Preisvorteil eins zu eins an die Konsumenten weitergeben – und aufrunden. Die 2015 wiedereingeführte Sektsteuer macht pro Liter einen Euro aus. Pro Flasche Sekt (0,75 Liter) sind das 75 Cent. Dazu kommen 20 Prozent Umsatzsteuer (15 Cent), macht in Summe 90 Cent. "Wir verpflichten uns, nicht nur die 90 Cent weiterzugeben, sondern eine runde Summe – einen Euro."

Ein Datum schwebt Lippert auch schon vor: "Der 1. April 2019." Warum nicht 1. Jänner? Das sei für den Handel suboptimal, da mitten in der Sektsaison. Zu Weihnachten und rund um den Jahreswechsel wird traditionell der meiste Sekt gekauft.

Klage über Wettbewerbsverzerrung

Die Auswirkungen der Sektsteuer seien "gravierend". Der staatlich verordnete Preisaufschlag habe zu einer Wettbewerbsverzerrung geführt mit der Folge, dass der Sektkonsum in Summe um ein Viertel eingebrochen sei. Im Gegenzug hätten Prosecco- und Frizzantehersteller, die von der Schaumweinsteuer nicht betroffen sind, um 25 Prozent mehr verkauft. "Das ist unfair, vernichtet heimische Wertschöpfung und gefährdet zudem Arbeitsplätze", sagte Lippert. Schlumberger etwa beziehe den Großteil der Grundweine für die Sektherstellung von Winzern aus strukturschwachen Regionen wie dem nördlichen Niederösterreich. Rund 350 Winzer habe man unter Vertrag, früher seien es an die 400 gewesen.

Aktuellen Zahlen zufolge ist der österreichische Sektmarkt knapp 22 Millionen Flaschen schwer, der Proseccoverkauf ist auf gut 13 Millionen Flaschen pro Jahr gestiegen, bei Champagner sind es relativ stabile 1,3 Millionen Flaschen. Schlumberger hat inklusive der Aktivitäten in Deutschland und den Niederlanden zuletzt 182 Millionen Euro umgesetzt, der Gewinn nach Steuern lag bei sechs Millionen Euro. In Österreich, wo 130 der 260 Mitarbeiter beschäftigt sind, wurden laut Lippert 90 Millionen Euro umgesetzt und rund zwei Millionen Euro verdient.

"Kellerwelten" werden neu

Mit dem neuen Eigentümer, dem deutsch-schwedischen Investor Frederik Paulsen, fühlt sich Lippert sehr wohl: "Jetzt können wir langfristig denken und kurzfristig entscheiden." Früher sei das genau umgekehrt gewesen. Paulsen hat 2014 über seine Schweizer Holding Sastre die von Underberg gehaltenen Schlumberger-Anteile gekauft und das Unternehmen im Vorjahr von der Börse genommen. Sein Plan: eine hochpreisige Sekt-Wein-Spirituosen-Gruppe zu formen mit Schlumberger als Kernmarke.

2021 soll die Sektherstellung von Wien in ein neues, 60 Millionen Euro teures Werk in Müllendorf (Burgenland) übersiedeln. Verwaltung und Marketing bleiben in Wien-Heiligenstadt. Die "Kellerwelten" möchte Lippert um Gastronomie ergänzen und so umgestalten, dass mehr Touristen kommen. Statt derzeit 20.000 Besucher pro Jahr möchte man künftig bis zu 120.000 anlocken. (Günther Strobl, 27.6.2018)