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Brennender Öltank in Ras Lanuf, 18. Juni 2018.

Foto: Reuters

General Haftar hat eine schöne Uniform.

Tripolis – Nur wenige Tage nach erneuten heftigen Gefechten um die Ölterminals im libyschen Sirte-Becken hat ein Sprecher der ostlibyschen Armee von General Khalifa Haftar die Übernahme sämtlicher Pipelines und Ölterminals verkündet. Die Einnahmen sollen damit nicht mehr an die international anerkannte Regierung in Tripolis gehen.

Betroffen sind in erster Linie die vier Ölterminals Al-Sidr, Ras Lanuf, Zuwaytinah und Brega mit einer Exportkapazität von bis zu einer Million Barrel täglich – wobei die Kapazitäten gegenwärtig aufgrund der jüngsten Kämpfe, wobei mehrere Öltanks schwer beschädigt wurden, um etwa die Hälfte reduziert sind. Ein weiteres Ölterminal in Hariga äußersten Osten des Landes befindet sich ebenfalls unter Kontrolle der LNA. Über den Hafen in Zuwaytinah bezieht auch die österreichische OMV ihr Erdöl aus Libyen.

Die Einnahmen sollen künftig an den Ableger der National Oil Company (NOC) in Benghazi unter Faraj Al-Hassi überwiesen werden, die dem abtrünnigen Abgeordnetenrat im ostlibyschen Tobruk untersteht. Bisher gingen die Einnahmen an die international anerkannte Regierung in Tripolis.

"Terroristen" in Tripolis

Haftars Sprecher Ahmed al-Mismari begründet diesen Schritt in einer im libyschen Fernsehen übertragenen Pressekonferenz am Montag damit, dass in Tripolis "Terroristen" von den Einnahmen profitieren würden. Tobruk wirft Tripolis seit langem vor, auf die Unterstützung durch islamistische Gruppen angewiesen zu sein, um ihre Herrschaft in Tripolitanien abzusichern. Zudem würde die LNA keine angemessenen Anteile an den Einnahmen erhalten, obwohl sie die Ölterminals seit 2016 unter hohem Blutzoll und Einsatz von Material verteidige.

Den internationalen Abnehmern libyschen Öls versicherte der Sprecher der LNA die Einhaltung sämtlicher Verträge und die gerechte Verteilung der Öleinnahmen in ganz Libyen. Bisher wurde diese Aufgabe durch die Nationalbank in Tripolis wahrgenommen, die unter anderem landesweit die Beamtengehälter auszahlte.

Die Regierung in Tripolis unter Präsident Fayez al-Sarraj kritisierte das Vorgehen Haftars heftig und forderte den UNO-Sicherheitsrat am Dienstag auf, "illegale Ölverkäufe" aus Libyen zu unterbinden. Mustafa Sanalla, Chef des in Tripolis ansässigen Ablegers der NOC, betonte, dass in der UNO-Resolution sowie OPEC-Beschluss nur die NOC in Tripolis als legitimer Ölproduzent akzeptiert werde. Man werde rechtliche Schritte ergreifen, sollten "parallele Institutionen" Ölverkäufe tätigen. Das Vorgehen Haftars verstoße gegen die Vereinbarungen von Paris im Mai dieses Jahres, die unter anderem landesweite Neuwahlen am 10. Dezember vorsehen.

Libyen produzierte vor Ausbruch der arabischen Rebellion im Jahr 2011 bis zu 1,8 Millionen Barrel Rohöl täglich. Seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2014 gab es mehrfach heftige Gefechte um die wichtigsten Öl-Häfen im Sirte-Becken mit islamistischen Milizen aus Benghazi, wobei diese Kämpfe stets zugunsten der LNA Haftars ausgingen, die im Osten Libyens seit Jahren militärisch die Oberhand hält. Von 2016 bis zur heutigen Entscheidung gestattete die LNA der NOC in Tripolis den Betrieb der Ölhäfen.

Am Mittwoch wurde einer der stellvertretenden Vorsitzenden des Präsidentenrates in Tripolis, Fathi al-Majbari, Opfer eines Überfalls durch eine Schlägerbande, nachdem er Sympathien für die Übernahme der Ölhäfen durch die NOC in Benghazi geäußert hatte, da die Öleinnahmen bisher ungerecht verteilt würden. Der Überfall auf sein Haus ereignete sich Dienstagabend. Dabei wurde sein Leibwächter ernsthaft verletzt und ins Krankenhaus gebracht. (APA, AFP, 27.6.2018)