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Anthony McLeod Kennedy (81) verlässt den Supreme Court.

Foto: REUTERS/Carlos Barria

Washington – US-Präsident Donald Trump bekommt eine Gelegenheit zur Stärkung der konservativen Hegemonie am US-Höchstgericht: Richter Anthony Kennedy hat seinen Rückzug vom Obersten Gerichtshof des Landes bekannt gegeben. Der 81-Jährige informierte Trump am Mittwoch in einem Brief über seine Entscheidung, Ende Juli in den Ruhestand zu gehen.

Der Schritt gilt als wichtige Weichenstellung. Er ermöglicht es Trump, einen neuen Richter für das neunköpfige Gericht zu ernennen und seine Agenda auf lange Zeit zu untermauern. Trump erklärte am Mittwoch, mit der Nachfolgesuche unmittelbar beginnen zu wollen. Er habe eine Liste mit potenziellen Höchstrichtern, auf der derzeit 25 Namen stünden, so der Präsident, der Kennedy als "großartigen" Juristen würdigte.

Vor Reagan ernannt

Über den Rückzug des Richters war lange Zeit spekuliert worden. Kennedy war 1987 von dem republikanischen Präsidenten Ronald Reagan ernannt worden. Er stellte nicht selten die ideologische Mitte zwischen dem je vier Richter zählenden linken und rechten Block des Gerichts dar. Oft gab er als Zünglein an der Waage den Ausschlag. In sozialen Fragen schlug er sich meistens auf die Seite seiner liberalen Kollegen.

Der Supreme Court ist politisch sehr wichtig. Nicht selten hat das Gericht in aktuellen Auseinandersetzungen um weichenstellende Gesetze oder auch Verfügungen das letzte Wort. So auch bei den großen Themen, an denen sich die gesellschaftliche Spaltung der USA zeigt: Abtreibung, Einwanderung oder Waffenbesitz.

Entsprechend meldeten die Demokraten bereits am Mittwochnachmittag Widerstand an. Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Charles Schumer, kündigte ein Nein zu allen Kandidaten an, die am Abtreibungsrecht oder der unter Obama beschlossenen Gesundheitsreform rütteln würden. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, erklärte, der Senat werde einen neuen Richter noch im Herbst ernennen. Am 8. November finden in den USA wichtige Parlamentswahlen statt.

Richter auf Lebenszeit

Die Entscheidungen des Supreme Court sind oft von landesweiter Bedeutung und prägen die Auslegung von Gesetzen an unteren Gerichten über Jahre. Die Richter werden auf Lebenszeit ernannt. Mit der Kandidatenwahl kann ein Präsident die Mehrheitsverhältnisse also auf lange Zeit beeinflussen.

In den vergangenen Tagen sah sich das Gericht Vorwürfen von demokratischer Seite ausgesetzt, es sei zum Handlanger von Trumps Politik geworden. So entschied der Supreme Court mit fünf zu vier Stimmen, dass das umstrittene Einreiseverbot für Menschen aus mehreren Ländern verfassungsgemäß sei. Ähnlich kontrovers wurde am Mittwoch eine Entscheidung zu Gewerkschaften aufgefasst.

Kennedys Rückzug ist nicht die erste Gelegenheit für Trump, dem Gericht seinen Stempel aufzudrücken. Während der Amtszeit seines Vorgängers Barack Obama war der konservative Richter Antonin Scalia gestorben. Obama nominierte mit Merrick Garland einen moderaten Kandidaten für dessen Nachfolge. Die Republikaner im Senat verweigerten ihm aber eine Anhörung, sodass er letztendlich keine Chance hatte. Trump nominierte dann in seinen ersten Amtstagen den Konservativen Neil Gorsuch, den der Senat bestätigte. (APA, dpa, 27.6.2018)