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Leistenkrokodilen kommt man besser nicht zu nahe: Ihre Reviere verteidigen sie sehr aggressiv.
Foto: AP Photo/Rob Griffith

Freiburg im Breisgau – Als Australien in den 1970er Jahren begann, die im Norden des Landes beheimateten und damals stark bedrohten Leistenkrokodile unter Schutz zu stellen, setzte sich ein Prozess in Gang, der heute im Nachbarstaat Osttimor Probleme schafft: In dem nordwestlich von Australien gelegenen Inselstaat haben im vergangenen Jahrzehnt die Angriffe von Krokodilen auf Menschen stark zugenommen, berichtet die Universität Freiburg im Breisgau.

Das Leistenkrokodil (Crocodylus porosus) ist eine imposante Erscheinung: Die größten Exemplare werden über fünf Meter lang und fast eine Tonne schwer. Außer dem Menschen haben sie keine Feinde zu befürchten – und als der sie in Australien nicht mehr bejagte, gingen die Bestände rasch wieder nach oben. Leistenkrokodile werden auch Salzwasserkrokodile genannt, da sie sich im Meer genauso wohl fühlen wie in Flüssen. Sie können auch über extreme Distanzen schwimmen – die 450 Kilometer zwischen Australien und Osttimor sind für sie kein Problem.

Vor Ort nachgefragt

Sebastian Brackhane von der Uni Freiburg hat Berichte über zunehmende Krokodilangriffe in Osttimor zum Anlass genommen, die Bestandsentwicklung der gefährlichen Tiere genauer zu untersuchen. Der Forscher hat in seiner Feldstudie mit lokalen Fischern und Dorfältesten über Vorfälle mit Krokodilen gesprochen und sich so eine Datengrundlage erarbeitet. Die Ergebnisse wurden im Magazin "Journal of Wildlife Management" veröffentlicht.

Seit der Unabhängigkeit Osttimors von Indonesien 2002 gab es demzufolge mindestens 130 Angriffe; dazu dürfte laut Brackhane noch eine hohe Dunkelziffer kommen. "Die geographische Beschaffenheit der Vulkaninsel bietet nur einen begrenzten Lebensraum, um eine größere Population tragen zu können. Deshalb haben wir uns gefragt, woher die vielen Krokodile in Osttimor kommen", sagt Brackhane.

Krokodile überqueren das Meer

Befragungen von Arbeitern auf einer Ölplattform auf hoher See zwischen Osttimor und dem australischen Northern Territory ergaben, dass Leistenkrokodile häufig in der Nähe der Plattform gesichtet wurden. Die Forscher entwickelten deshalb die Hypothese, dass die Tiere womöglich von Australien nach Osttimor einwandern. "Wir nehmen an, dass die Lebensräume im Northern Territory ihre maximale Tragfähigkeit vielerorts erreicht haben und junge Salzwasserkrokodile über das Meer nach Osttimor gelangen, um neue Lebensräume zu erschließen."

Da sich nicht nur die Zahl der Krokodile, sondern natürlich erst recht die der Menschen in der Region erhöht hat, sind gefährliche Begegnungen nicht zu vermeiden. Brackhane befürchtet, dass ganz Südostasien und Ozeanien ein wachsendes Problem mit Leistenkrokodilen bekommen.

In Osttimor, das vorerst am stärksten betroffen scheint, stehen die Tiere noch dazu unter einem besonderen Schutz: In der Mythologie der Bewohner ist die Insel nämlich aus einem Krokodil entstanden. Die Jagd auf "Großvater Krokodil" ist daher streng verboten. (red, 30. 6. 2018)