Die Forscher simulieren Systeme wie Googles eigenen Quantencomputer "Bristlecone".

Foto: Google

Quantencomputer sollen einmal bestimmte Probleme schneller lösen als konventionelle Computer. Obwohl die Technologie erst in Ansätzen existiert, üben Forscher in Oberösterreich schon damit – mit verschiedenen Zugängen: Während sich die FH Oberösterreich einen kommerziellen Quantensimulator gekauft hat, simuliert man an der Uni Linz mittels cleverer Algorithmik den Quantencomputer am Desktop-PC.

Computer setzen derzeit auf binäre Operationen, also Strom ein oder Strom aus bzw. 0 oder 1. Quantencomputer verwenden dagegen quantenphysikalische Systeme, beispielsweise Photonen oder Ionen. Diese können ebenfalls zwei Basiszustände haben, also 0 und 1 – und zwar mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, sobald man den Zustand misst. Weil die Systeme aber den Gesetzen der Quantenphysik gehorchen, können sie – solange niemand hinschaut – beide Zustände gleichzeitig einnehmen. Die Physiker nennen dies Superposition. Dieses Phänomen will man sich bei Problemen zunutze machen, die sich so viel schneller lösen lassen.

Google-Award für Linzer Forscher

Es gibt bereits erste Realisierungen des Quantencomputers und auch die Industrie ist auf diese Entwicklung aufgesprungen. IBM etwa bietet via Cloud freien Zugang zu mittlerweile drei Quantenrechnern, einer davon mit 16 Quantenbits (Qubits), wie die grundlegende Informationseinheit hier heißt.

Angesichts dieser Fortschritte rückt das Feld auch in den Fokus anderer Gebiete. "Weil zu erwarten ist, dass der Quantencomputer für angehende Informatiker auf ihrem Karriereweg eine wesentliche Rolle spielen wird, zeigen wir unseren Studenten bereits heute diese Technologie, forschen aber auch daran, wie wir Quantenalgorithmen jetzt schon testen können", erklärte Robert Wille vom Institut für Integrierte Schaltungen der Universität Linz.

Mit Erfolg, wie der mit umgerechnet rund 50.000 Euro dotierte "Google Award" zeigt, den Wille und sein Team kürzlich für den von ihnen entwickelten Quantensimulator erhalten haben. Sie setzen dabei nicht auf den Ausbau der Hardware wie die Kollegen in Hagenberg, "sondern wir versuchen, das auf einem anderen Weg auf konventionellen Maschinen hinzubekommen", so Wille. Der Schlüssel dazu heißt "clevere Datenstrukturen und clevere Algorithmik".

Zerhackte Formeln

Quantenoperationen lassen sich als mathematische Formeln darstellen, die allerdings enorm groß werden und – auf konventionellem Weg – daher nur noch von Supercomputern bewältigt werden können. "Wir nutzen dagegen bestimmte Redundanzen, indem wir die Formeln in kleine Stücke zerhacken und identische Teile nur einmal abspeichern", sagte der Computerwissenschafter. In vielen Fällen lassen sich so Milliarden von Beschreibungen kompakt auf wenige hundert Formeln reduzieren und effizient auf konventionellen Computern berechnen.

So konnten die Linzer Informatiker ein bestimmtes Problem, für das ein High-End-Quantensimulator von Microsoft 30 Tage gerechnet hat, in weniger als einer Sekunde auf einem konventionellen Desktop-PC simulieren. Google war diese Leistung ein "Research Award" Wert.

31 Qubits simuliert

"Das wird nie dazu führen, dass wir irgendwann schneller sind als der Quantenrechner, aber wir können bereits einige Algorithmen für einen noch nicht existierenden Quantencomputer nachbilden, die auf herkömmlichen Simulatoren zu lange dauern", sagte Wille. Für das konkrete Problem, bei dem sich die Linzer mit dem Microsoft-Simulator gemessen haben, habe man 31 Qubits simuliert. Es gebe aber auch Algorithmen, bei denen sich Hunderte Qubits am Desktop-PC simulieren lassen, "das sind künstliche Testfälle, um zu zeigen, was geht".

Was geht, wollen auch die Wissenschafter der Fachhochschule Oberösterreich herausfinden: Noch im Juli bekommt der Campus Hagenberg mit der Quantum Learning Machine (QLM) von Atos den nach Angaben des Herstellers weltweit leistungsfähigsten kommerziellen Quantensimulator geliefert. Dieser kann in der beschafften Version 30 Qubits simulieren und ist auf bis zu 40 Qubits ausbaufähig.

Simulatoren sind robuster

Der fehlende Zugriff auf Quantencomputer war bisher der Hauptgrund für solche Simulatoren, doch Wille erwartet, dass sich das rasch ändern wird, wie das Beispiel IBM zeigt. Die Simulatoren würden aber deshalb nicht so schnell verzichtbar, "weil momentan Simulatoren noch mehr Qubits nachbilden können als bisherige Realisierungen von Quantencomputern". Aber auch in Zukunft werde es Simulatoren benötigen, weil diese "sehr sauber simulieren und perfekt berechnen". Dagegen sind die quantenphysikalischen Phänomene, auf denen Quantenrechner beruhen, äußerst empfindlich gegenüber Störungen von außen, "weshalb man viel mit mehreren Läufen, Mittelwerten und Wahrscheinlichkeiten arbeiten wird müssen".

Zudem sei die Überlegenheit des Quantencomputers bisher nur eine theoretische Vorhersage, "der praktische Beweis fehlt noch", so Wille. Es gebe daher eine eigene Forschungsrichtung, in der versucht wird, die "Quantenüberlegenheit" durch immer bessere Simulatoren zu verzögern. Wille: "Wenn wir es schaffen, jede beliebige Quantenalgorithmik mit 100 Qubits effizient zu simulieren, wäre die Latte für die Physiker bei der Realisierung eines so starken Quantencomputers entsprechend hoch." (APA, 28.06.2018)