Ein Ticket garantiert noch nicht, dass der Flieger auch abhebt. Immer weniger Passagiere nehmen Stornierungen, Verspätungen oder Ausfälle einfach hin – die Zahl der formalen Beschwerden steigt

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Wien – Immer mehr Passagiere reichen formell Beschwerde wegen stornierter oder verspäteter Flüge, Bus- oder Zugfahrten ein. Die Anzahl der eingereichten Beschwerden bei der österreichischen Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (APF) war am Mittwoch ganze 38 Prozent höher als am gleichen Stichtag vor einem Jahr. 2017 hatten 60 Prozent der Einreichenden ihren Wohnsitz innerhalb Österreichs.

Die kostenlose und provisionsfreie Servicestelle setzt sich für Passagierrechte ein und erstritt seit ihrer Gründung vor etwa drei Jahren insgesamt eine Entschädigungssumme in Höhe von mehr als 2,4 Millionen Euro für Fahrgäste. Der größte Anteil entfällt mit 2.310.002 Euro auf den Flugverkehr, gefolgt vom Bahnverkehr mit 115.676 Euro und dem Busbereich mit 4791 Euro. Die Erfolgsquote der APF liegt bei 83 Prozent.

Zentrale Servicesstelle

Bis einschließlich Mittwoch sind im laufenden Geschäftsjahr 2018 insgesamt 1407 Beschwerden und Anfragen eingetroffen. Am gleichen Tag im Jahr 2017 lag die Zahl noch bei 1018 Beschwerden.

Die APF ist seit Mai 2015 die zentrale Servicestelle für den österreichischen Bahn-, Bus-, Schiffs- und Flugverkehr. Sie kümmert sich um Ansprüche, die Passagieren gemäß der jeweiligen EU-Verordnung zustehen, und fordert alle Kosten, die Passagieren durch eine Verspätung, Annullierung oder Nichtbeförderung entstanden sind, zurück.

Mehr als 6.000 Schlichtungsverfahren

Das betrifft neben Entschädigungszahlungen oft auch die Ticketerstattung bei Annullierung sowie die Rückzahlung der Kosten für sogenannte "Betreuungsleistungen" wie Getränke und Snacks, notwendige Hotelübernachtungen und Transfers, wenn diese nicht vom Unternehmen zur Verfügung gestellt worden sind.

Seit Gründung der APF sind insgesamt 10.611 Beschwerden eingegangen, davon 8224 im Flugverkehr, 2164 im Bahnverkehr, 193 im Busverkehr und 30 im Schiffsverkehr. Bis Ende Mai 2018 schloss die APF 6116 Schlichtungsverfahren ab.

"Die Erfahrung zeigt deutlich, dass sich mit der Tätigkeit der APF die Bereitschaft der Unternehmen, rasche und zufriedenstellende Lösungen zu finden, und das Beschwerde-Management deutlich verbessert haben", sagte Maria-Theresia Röhsler, Leiterin der APF.

Rückgang der Strafanzeigen

Die positive Wirkung auf den Flugverkehr sehe man auch am Rückgang der Strafanzeigen, die gegen Fluglinien bei den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden eingereicht werden mussten.

Denn wenn mit einem Schlichtungsverfahren keine Lösung gefunden werden kann, bringt die APF im Rahmen ihrer Funktion als Durchsetzungsstelle eine Anzeige bei der zuständigen Strafbehörde ein. Während es im Jahr 2016 noch 43 Anzeigen gegen Fluglinien gab, hat sich die Anzahl im Jahr 2017 auf drei Anzeigen reduziert.

Als größtes österreichisches Luftfahrtunternehmen war My Austrian (Austrian Airlines) mit 41 Prozent der abgeschlossenen Verfahren bislang am stärksten betroffen. Die Reaktionszeit für eine erste inhaltliche Antwort an die Passagiere betrug durchschnittlich einen Tag. Die durchschnittliche Dauer der Verfahren belief sich auf 31 Tage. (jeo, 29.6.2018)