Dass die Regierung die Freiwilligkeit in den Gesetzestext aufnehmen will, sieht Barbara Teiber als Bestätigung dafür, dass die Gerwerkschaften mit ihren Bedenken bezüglich des geplanten Zwölfstundentags recht haben.

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STANDARD: Sie werden am Samstag auf der Großdemo gegen den Zwölfstundentag reden. Was ist Ihre Botschaft?

Teiber: In erster Linie wollen wir die Menschen darüber informieren, was dieses Gesetz für sie heißen würde. Auch sehr viele Menschen, die nicht in Betrieben mit Betriebsrat beschäftigt sind, sind gegen den Zwölfstundentag. Es geht darum, dass möglichst viele Leute dabei sind und ein sichtbares Zeichen setzen.

STANDARD: Ein Zeichen wofür?

Teiber: Das Wichtigste wäre, dass die Regierung darüber nachdenkt, wie massiv sie da in die Lebensqualität der Menschen eingreift. Wir wollen zurück an den Start und das Gesetz auch als Arbeitnehmer interessenvertretungen einmal mitverhandeln .

STANDARD: Wissen die Menschen, was genau der Gesetzesentwurf bedeutet?

Teiber: Wir haben momentan allein vonseiten der GPA-djp ungefähr 700 Betriebsversammlungen, wo wir gemeinsam mit Betriebsräten informieren, was auf die Arbeitnehmer zukommt. Zum Beispiel, dass Freiwilligkeit nicht im Gesetz steht. Aber auch wenn Freiwilligkeit ins Gesetz aufgenommen würde, wissen die Menschen in der Privatwirtschaft, dass das nicht viel bringt.

STANDARD: Die Regierung spricht nicht mehr von Freiwilligkeit, sondern von einer "Freiwilligkeitsgarantie". Das soll "bewusste Fehlinterpretationen" verhindern. Interpretieren Sie das Vorhaben jetzt anders?

Teiber: Wir wissen noch nichts Konkretes, es ist noch nichts Schriftliches präsentiert worden. Aber wenn jetzt Korrekturen angedacht werden, gibt die Regierung zu, dass wir recht haben. Das Gesetz gehört in den Reißwolf. Jetzt von einer Garantie zu sprechen, ist ein Scherz. In Österreich gibt es keinen Kündigungsschutz. In der Privatwirtschaft heißt das: Wenn ein Arbeitnehmer mehrmals sagt, er kann nicht zwölf Stunden arbeiten, ist er seinen Job bald los.

STANDARD: Und wenn das Gesetz nicht in den Reißwolf kommt?

Teiber: Bis jetzt hat die Sozialpartnerschaft funktioniert, Dinge sind im Dialog ausverhandelt worden. Derzeit ist die Regierung der Erfüllungsgehilfe von Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer. Wir sind gezwungen, über eine neue Art gewerkschaftlicher Interessenvertretung nachzudenken, wenn man mit uns gerade bei so einem wichtigen Gesetz keinen Dialog führt und die Arbeitnehmerseite nicht berücksichtigt.

STANDARD: Meinen Sie Streiks?

Teiber: Wir sind für alles offen, auch für Streiks. Bei Betriebsversammlungen wird übrigens auch nicht gearbeitet. Die Konfliktsituationen werden zunehmen, wenn die klassische Sozialpartnerschaft ausgehebelt wird und mit uns nicht mehr gesprochen wird. Wir hoffen aber auf die Einsicht der Regierung. Das Gesetz geht ja auch sehr vielen_Arbeitgebern zu weit.

STANDARD: Wobei die Arbeitgeberseite beklagt, dass die Gewerkschaften keine sachliche Debatte führen würden.

Teiber: Wir wurden mit diesem Vorschlag überfallen. Es hat weder davor noch danach Gespräche gegeben. Die Angst der Leute ist riesig, das zeigt auch der große Mitgliederzuwachs, den wir gerade haben. Wir können unseren Mitgliedern die Angst nach Durchsicht des Gesetzesentwurfs nicht nehmen.

STANDARD: Wie sollte ein Gesetz aussehen, dem Sie zustimmen könnten?

Teiber: Zuerst braucht es eine quantitative Einschränkung. Die Anzahl der zulässigen Zwölfstundentage müsste begrenzt werden. Und die elfte und zwölfte Stunde könnte neben Geld auch mit Zeitzuschlägen von mehr als einer Stunde vergütet werden. Dann würde man zweierlei erreichen: Flexibilisierung und gleichzeitig eine stückweise Verkürzung der Arbeitszeit. Der vorliegende Gesetzesentwurf würde die Zahl der zulässigen Überstunden um 30 Prozent erhöhen. Das ist in der Debatte bisher untergegangen. In Summe bedeutet der Entwurf viel mehr Arbeit für die Menschen.