Die Malerin Edeltraud Jungwirth wohnt in der Burg Reichenstein in Oberösterreich. In dem Bau aus dem 16. Jahrhundert gibt es zwar keine Zentralheizung, dafür aber sogar am Fußboden Spuren der Vergangenheit.

"2000 bin ich in der Zeitung über ein Inserat gestolpert: ,Burgwohnung zu vermieten', hieß es darin. Ich bin hingefahren. Es war November und kalt. Ich kam herein und fühlte mich sofort zu Hause.

"Diese Burg ist meine Heimat, meine Inspiration, meine Festung." Die Malerin Edeltraud Jungwirth im Turmzimmer ihrer Wohnung in der oberösterreichischen Burg Reichenstein.
Fotos: Dietmar Tollerian

Schon seltsam. Ich habe irgendwann einmal, vor vielen Jahren, von weißen, hohen Fenstern mit Vorhängen geträumt. Und genau solche Fenster habe ich jetzt. Es ist selten, dass einem etwas Neues so vertraut ist. Ich spüre hier eine alte Verbindung. Diese Burg ist meine Heimat, meine Inspiration, meine Festung.

Ursprünglich gab es in diesem Trakt, der aus dem 16. Jahrhundert stammt, zwei Wohnungen mit vielen Verbauen. Ich habe sie entfernt und die ursprünglichen Räume wiederhergestellt. Die Wohnung hat nun 150 m². Viel Platz für mich und zwei meiner drei Söhne, die noch bei mir wohnen. Für sie war das Aufwachsen großartig. Es waren immer Freunde da, weil jeder einmal in einer Burg sein wollte. Und in einer Burg wird so schnell nichts kaputt.

Diese Wohnung gilt als Substandardwohnung, weil es keine Zentralheizung gibt. Es sind fünf Öfen zu beheizen. Das hat mir nie etwas ausgemacht. Das Feuer in jedem Raum finde ich gemütlich. Es ist halt auch Arbeit. Aber so, wie bei anderen nach dem Zähneputzen der Kaffee fertig ist, brennt bei mir das Feuer.

Fotos: Dietmar Tollerian

Ich glaube, ich könnte nie ein Haus bauen. Für mich ist es leichter, etwas, das bereits da ist, zu gestalten. Meine Möbel sind alt, ich habe viele am Flohmarkt erstanden und selbst abgelaugt. Alle Möbel haben von Anfang an ihren Platz gefunden. Es war ganz einfach. Schwieriger war, eine Küche zu finden. Ich wollte den Verbau, der schon da war, entfernen. Aber eine neue Küche für eine Burg gibt es nicht im Möbelhaus. Am Ende wurde es eine Küche im Landhaus-Stil.

Besonders schön finde ich den Boden. Er wird nicht abgeschliffen – und hat viele Spuren von Farben, weil hier schon immer Maler gelebt haben.

Ich versuche immer, viel wegzugeben. Die Räume sprechen so für sich, dass ich das Gefühl habe, ich muss die Wohnung leeren. So wie ich in meinen Bildern Klarheit suche, mache ich das in meiner Wohnung.

Fotos: Dietmar Tollerian

Mein Lieblingsplatz ist das Turmzimmer. Es ist mein Hauptaufenthaltsraum, manchmal mein Schlafzimmer und mein Atelier. Gemeinsam mit den angrenzenden Räumen nutze ich ihn auch als Galerie für meine Bilder. Im Sommer ist es in diesen alten Gemäuern wunderbar kühl. Ich bin bei schönem Wetter im Burggarten und male auch draußen.

Der Garten war ursprünglich größer, er wurde beim Bau des Museums vor sechs Jahren leider verkleinert. Aber es ist genial, dass ich hier meine Arbeitsstätte fand. Ich muss nicht nach Linz stauen, sondern bin mit ein paar Schritten im Museum. Ich betreue hier auch am Wochenende Veranstaltungen. Aber ich kann immer die schwere Eisentür zu meinem Garten zumachen, wenn der Trubel zu viel wird – und bin trotzdem da, wenn ich gebraucht werde.

Ganz allgemein ist es hier aber herrlich ruhig. Außer man macht die Fenster auf, dann ist die Waldaist natürlich zu hören. Aber der Fluss ist wie ein Zug, der vorbeifährt, den hört man irgendwann nicht mehr. Nach 18 Jahren ist bei mir jedenfalls noch immer eine Verlangsamung da, wenn ich ins Waldaisttal hineinfahre. Das brauche ich.

Für mich ist es nach wie vor ein Luxus, hier wohnen zu können. Von Oktober bis April ist das Museum geschlossen. Dann ziehe auch ich mich zurück, um zu malen. Da bin ich entfernt von allem. Vielleicht werde ich mich irgendwann einmal ganz leicht verabschieden und irgendwo im noch Stilleren arbeiten. Nachmieter gäbe es genug. Irgendwann habe ich die Liste mit den Namen aber weggeschmissen." (2.7.2018)