Russland will noch eine Weile bei der Heim-WM mitmischen.

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Liveticker: Spanien vs. Russland, So., 16 Uhr

Moskau –Das Ende der Party droht, die Hoffnungen auf ein russisches Sommermärchen erlitten beim 0:3 zum Gruppenfinale gegen Uruguay einen schweren Dämpfer, also musste der erste Fußballer des Landes ein Zeichen setzen. Wladimir Putin höchstpersönlich netzte auf dem Roten Platz ein – wenn auch nicht mit nacktem Oberkörper, sondern im weißen Oberhemd. Wie auch immer, es war ein starkes Zeichen. Der Goalie war natürlich völlig chancenlos – Iker Casillas, einst fünfmal en suite Welttorhüter, weiß schließlich, was sich gehört.

Russlands Coach Stanislaw Tscherteschessow hat dennoch wenig Grund, vor dem Achtelfinale besonders optimistisch zu sein. Denn der frühere Welt- und Europameister Spanien will schließlich eine Blamage vermeiden und den Partycrasher geben. "Wir müssen uns selbst und den Leuten zeigen, dass wir ein großes Turnier spielen können", sagte Jordi Alba nach der mit Ausnahme des Auftaktspiels gegen Portugal etwas holprigen Vorrunde: "Die Atmosphäre wird hitzig sein. Sie haben eine gute Mannschaft und werden mit der Unterstützung ihrer Fans noch stärker sein."

Befehl von oben

Doch das Selbstvertrauen der Sbornaja ist vor dem in der Presse beschworenen "Wunder von Moskau" angeknackst. Also befahl die politische Führung in Person von Vizeministerpräsident Witali Mutko, des früheren OK-Chefs der WM, dass "das Team weiterhin unterstützt wird. Es ist unser wichtigster Kampf."

Im russischen Teamcamp in Nowogorsk versprühte vor der Mammutaufgabe ein Überraschungsgast Optimismus. Exnationaltrainer Guus Hiddink, der die Russen bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz überraschend ins Halbfinale geführt hatte, richtete aufbauende Worte an die Spieler. "Unerwartet gut", sei das Team doch bei den Siegen gegen Saudi-Arabien (5:0) und Ägypten (3:1) aufgetreten, sagte der Niederländer, Trainer Tschertschessow stand daneben und grinste breit.

Seinen Schützlingen gibt vor der Prüfung auch das krachende Scheitern von Weltmeister Deutschland Hoffnung. "Das hat wieder einmal gezeigt, dass es keine unschlagbaren Teams mehr gibt. Wir glauben daran, dass wir Spanien schlagen können", sagte der 2016 eingebürgerte Halbbrasilianer Mario Fernandes. Zumal die Furia Roja nach dem plötzlichen Trainerwechsel unmittelbar vor Turnierbeginn Verbesserungsbedarf hat. Die gefürchtete Passmaschine läuft noch nicht wie geschmiert, vor allem die Defensive wackelt.

Kritik von außen

Harsche Kritik musste sich Interimscoach Fernando Hierro von Bernd Schuster gefallen lassen. "Spaniens Problem Nummer eins ist, dass Hierro kein Trainer ist. Er hat keine Erfahrung auf diesem Niveau", sagte der frühere Meistertrainer von Real Madrid. Dani Carvajal sprang für den ehemaligen Sportdirektor des Verbands, der noch mit Schuster bei den Madrilenen spielte, in die Bresche: "Er ist ein großartiger Coach, und wir stehen zu ihm bis zum bitteren Ende."

Das könnte angesichts des Astes, auf dem Spanien quasi sitzt, spät kommen. "Und das Finale dann gegen Japan, was?", frug Thiago, nachdem ihm ein Reporter gesagt hatte, dass man nach einem Achtelfinalsieg gegen Russland theoretisch auf Dänemark und danach auf Schweden treffen könnte.

Die Iberer bekommen im ersten K.-o.-Spiel jedenfalls Unterstützung von höchster Stelle. König Felipe wird für die Partie nach Moskau fliegen. Ob er auf der Tribüne auf Putin treffen wird, ist noch ungewiss. Der Kreml-Chef ließ ausrichten, dass er über einen Stadionbesuch noch nicht entschieden habe. (sid, lü, 29.6.2018)

WM-Achtelfinale

Spanien – Russland (Moskau, Luschniki-Stadion, 16.00 Uhr MESZ/live ORF 2)

Spanien: 1 De Gea – 2 Carvajal, 3 Pique, 15 Ramos, 18 Alba – 5 Busquets, 10 Thiago – 21 Silva, 22 Isco, 6 Iniesta – 19 Diego Costa

Ersatz: 13 Arrizabalaga, 23 Reina – 4 Nacho, 12 Odriozola, 14 Azpilicueta, 16 Monreal, 7 Saul Niguez, 8 Koke, 11 Vazquez, 9 Rodrigo, 17 Aspas, 20 Asensio

Russland: 1 Akinfejew – 2 Fernandes, 3 Kutepow, 4 Ignaschewitsch, 18 Schirkow – 8 Gasinski, 11 Sobnin – 19 Samedow, 17 Golowin, 6 Tscheryschew – 10 Smolow

Ersatz: 12 Lunew, 20 Gabulow – 5 Semenow, 7 Kusjajew, 13 Kudriaschow, 14 Granat, 15 Al. Mirantschuk, 16 An. Mirantschuk, 21 Jerochin, 22 Dsjuba

Gesperrt: 23 Smolnikow (nach Gelb-Rot)