Werden Angela Merkel und Horst Seehofer auch weiterhin so einträchtig nebeneinandersitzen? Es gibt Anzeichen dafür, die endgültige Klärung des Asylstreits soll am Sonntag erfolgen.

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Diejenigen, deren Worte natürlich alle hören wollen, sind an diesem Freitag nach dem EU-Gipfel recht schweigsam. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) lässt durch seine Sprecherin ausrichten, er werde die Beschlüsse nicht anhand von Pressemitteilungen und Abschlusserklärungen bewerten, sondern wolle zunächst mit Kanzlerin Angela Merkel und anderen Beteiligten persönlich sprechen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärt sich zwar selbst, sagt aber nichts zu den Ergebnissen: "Der Gipfel läuft noch. Lassen Sie uns den Gipfel zu Ende gehen und danach in Ruhe vernünftig bewerten."

Positive Signale

In Berlin treibt viele natürlich die Frage um: Reicht das Ergebnis, das Merkel von Brüssel nach Berlin mit nach Hause bringt, aus, um die CSU zu besänftigen und somit einen Alleingang Seehofers zu verhindern? Der CSU-Chef und Innenminister hatte ja in Aussicht gestellt, bald Flüchtlinge direkt an der Grenze abzuweisen, wenn sie zuvor schon in einem anderen EU-Staat registriert worden sind.

Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, machte am Freitag in Berlin deutlich, dass die Sichtweise der CSU auch nach dem Gipfel weiterhin ihre Berechtigung habe: "Ich stelle fest, dass zur Vermeidung von Sekundärmigration das Ergreifen von nationalen Maßnahmen ausdrücklich im Ratspapier vorgesehen ist."

Merkel sieht Forderungen als erfüllt an

Merkel ließ die CSU noch am Freitagnachmittag aus Brüssel wissen, dass sie die Forderungen aus Bayern als erfüllt ansieht. Sie bezog sich damit auch auf die Zusage Griechenlands und Spaniens, bereits in ihren Ländern registrierte Flüchtlinge wieder zurückzunehmen. "Das ist mehr als wirkungsgleich", sagte sie und griff damit eine Formulierung Seehofers auf. Sie sprach von einem "substanziellen Fortschritt".

Und auch aus der CSU kommen nun Abrüstungssignale. So meint der stellvertretende Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans Michelbach: "Man muss erfreut feststellen, dass es ein Weg einer gemeinsamen europäischen Asylpolitik in die richtige Richtung ist und wir natürlich sehen müssen, dass sich etwas bewegt hat." Und weiter: "Das kann man von unserer Seite sicher auch positiv sehen und auch sehen, dass unsere Position auch etwas bewirkt hat."

Großen Schritt gemacht

Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber twitterte: "EU-Gipfel hat einen großen Schritt hin zu einer besseren Migrationspolitik gemacht. Europa steht für Humanität gegenüber Menschen in Not, Entschiedenheit im Außengrenzenschutz und bei Bekämpfung illegaler Migration sowie für Solidarität untereinander." Weber ist im Europaparlament Chef der Fraktion der Europäischen Volkspartei.

Ob die CSU nun einlenkt, wird am Sonntag geklärt. 64 Prozent der Deutschen erwarten laut dem aktuellen ZDF-Politbarometer kein Zerbrechen der Koalition. Nur 28 Prozent sind übrigens der Ansicht, dass es der CSU bei dem Streit vor allem um die Lösung des Flüchtlingsproblems geht. Für 65 Prozent spielten die Chancen bei der bayerischen Landtagswahl im Oktober eine größere Rolle.

Das wirkt sich auch auf persönliche Werte aus, hier sacken sowohl Söder als auch Seehofer ab. Seehofer fällt auf minus 0,3 nach plus 0,3 vor drei Wochen, Söder auf minus 0,5 von 0,1. Das ist der schlechteste Wert für einen CSU-Politiker seit zehn Jahren. (Birgit Baumann aus Berlin, 29.6.2018)