Pfitschipfeil und torgefährlich: Frankreichs Stürmer Kylian Mbappe.

Foto: APA/Fife

Kasan – Nach seinem spektakulären Sprint auf die Weltbühne war Kylian Mbappe selbst überrascht, in welch exklusive Gesellschaft er gerade vorgestoßen war. "Wirklich? Pele?", fragte der 19-Jährige ungläubig, als ihm ein Fernsehreporter das historische Ausmaß seiner Gala erklärte. Der jüngste WM-Doppeltorschütze seit 60 Jahren provozierte nach dem 4:3 (1:1) mit Frankreich gegen Argentinien aber nicht nur Vergleiche mit dem größten Fußballer der Geschichte.

"Ronaldo? Der Brasilianer? Ja, der war ein sehr, sehr schneller Stürmer", antwortete sein Trainer Didier Deschamps ein wenig verdutzt, als er seinen Hochgeschwindigkeitsstürmer mit dem Weltmeister von 2002 vergleichen sollte: "Aber Kylian ist noch schneller."

Vollgas

Fast so schnell wie der schnellste Mann der Welt: Mit 38 Stundenkilometern wurde Mbappe bei seinem atemberaubenden Solo fast über das ganze Feld "geblitzt". Usain Bolt hatte bei seinem Weltrekordlauf 2009 in Berlin über 100 m ein Durchschnittstempo von 37,58 km/h hingelegt, in der Spitze allerdings 44,72 km/h erreicht.

Hätte Frankreichs Wunderkind am Ende seines 70-m-Sprints an drei Argentiniern vorbei auch noch selbst das 1:0 erzielt, er wäre auch noch mit Diego Maradona verglichen worden – und dessen Solo bei der WM 1986 gegen England. Doch Mbappe holte "nur" den Elfmeter heraus, den sein Sturmkollege Antoine Griezmann zum 1:0 nutzte (13.). "Er fegte über Argentinien wie ein Tornado hinweg", schrieb die Sportzeitung L'Equipe.

Erinnerungen an Schweden 1958

Geschichte schrieb Mbappe in der zweiten Halbzeit, als er mit zwei Toren binnen fünf Minuten (64. und 68.) das Achtelfinale zugunsten der Franzosen entschied und Lionel Messis Traum vom WM-Titel im vierten Anlauf zerstörte. Mit 19 Jahren und sechs Monaten wandelte er plötzlich auf Peles Spuren, der im Finale 1958 gegen Schweden mit 17 Jahren und acht Monaten als letzter Teenager zweimal in einem WM-Spiel getroffen hatte.

"Es schmeichelt mir natürlich, in einem Atemzug mit Pele genannt zu werden", sagte Mbappe. Der Teenager, der seinem Arbeitgeber Paris St. Germain 180 Millionen Euro wert war, fügte jedoch bescheiden an: "Er ist in einer anderen Kategorie." Der brasilianische Jahrhundert-Fußballer, der dreimal Weltmeister wurde, erzielte als 17-Jähriger in drei K.o.-Spielen 1958 insgesamt sechs Tore. Am Freitag (20.00 Uhr) in Nischni Nowgorod im Viertelfinale gegen Uruguay kann Mbappe versuchen, Peles Torquote zu halten.

Pele gratuliert

Der mittlerweile 77-Jährige begrüßte Frankreichs Jungstar bereits im Klub. "Gratulation! So jung zwei Tore bei einem WM-Spiel zu erzielen, bringt dich in beste Gesellschaft. Viel Glück in den nächsten Spielen – außer gegen Brasilien", hieß es auf Peles Twitter-Account.

Auf den Rekordweltmeister könnten Mbappe und Co. im Halbfinale treffen. Doch auch dann soll noch nicht Schluss sein für Frankreichs Hochgeschwindigkeitsfußballer – dank des Schnellsten. "Ich möchte, dass er mir hilft, die WM zu gewinnen", sagte Griezmann, der seinen Sturmpartner als besten Spieler der WM sieht: "Den goldenen Ball überlasse ich ihm gerne."

Trainer Deschamps, der 1998 im Geburtsjahr Mbappes Frankreich als Kapitän zum bislang einzigen WM-Titel geführt hatte, freute sich vor allem über eines: "Ich bin sehr froh, dass er Franzose ist." (sid, red, 1.7.2018)