Für österreichische Verhältnisse wird der Konflikt rund um den Zwölfstundentag ungewöhnlich scharf ausgetragen. Die Gewerkschaft droht mit "Arbeitskampf", sollten Zuschläge für Überstunden als Folge der türkis-blauen Reform des Arbeitszeitgesetzes wegfallen. Der ÖGB sieht sich in seinem Kurs gestärkt, nachdem am Samstag trotz Urlaubszeit bis zu hunderttausend Menschen dem Protestaufruf der Gewerkschaften gefolgt waren.

Läuft alles auf Streiks im Zuge der Lohnverhandlungen im Herbst hinaus? Droht das Ende der Sozialpartnerschaft? Die Ausgangslage spricht dagegen. Die Drohung mit Streik kann die Gewerkschaft nur dort umsetzen, wo sie sich stark fühlt. Das ist im produzierenden Gewerbe der Fall, wo Mitgliederdichte und Entschlossenheit beim ÖGB hoch sind. Gerade in der österreichischen Industrie, bei den Maschinenbauern, Pkw-Zulieferern und Stahlverarbeitern läuft es rund, 2018 und 2019 könnte es so weitergehen.

Solange der Erfolgslauf anhält, spricht viel dafür, dass die Unternehmer in der Industrie wenig Interesse an einem Konflikt mit dem ÖGB wegen der Überstundenentlohnung haben und man sich rasch einigt. Durchschlagen wird das neue Arbeitszeitgesetz in Branchen, in denen die Gewerkschaften schwach aufgestellt sind wie im Handel oder dort, wo es schlecht läuft. Dort werden die Gewerkschafter den offenen Konflikt scheuen, dort könnte das Muskelzeigen bloße Drohgebärde bleiben. (András Szigetvari, 2.7.2018)