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Man kann nicht glauben, was da gerade bei der CSU passiert. Immer noch, nach einer irrwitzigen Nacht, ist offen, wie es nun in der Asylpolitik weitergeht. In der Sache ist man keinen Millimeter weitergekommen. Klar ist nur, dass CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer nun sein persönliches Schicksal mit der Frage verknüpft. Doch was als politisches Druckmittel gedacht ist, ist jetzt nur noch Ausdruck der Verzweiflung. Die CSU hat sich ohne Not vollkommen verrannt und zerlegt sich nur noch selbst.

Man muss und darf zunächst eine Lanze für sie brechen: Ohne ihren Druck hätte es die Ergebnisse in Brüssel nicht gegeben. Man mag diese beurteilen, wie man will – aber wann hat zuletzt eine Regionalpartei einen ganzen Kontinent so nach ihrer Pfeife tanzen lassen? Daraus hätte man was machen und eine wunderbare Wahlkampfgeschichte erzählen können: Seht her, wie groß unser Einfluss ist.

Aber die CSU, in ihrer Sturheit und Wagenburgmentalität, schaffte es nicht, diese Brücke zu betreten. Sie verharrt auf ihrer Position, die außer ihr keiner mehr versteht. Zur Erinnerung: Es geht nur um diesen einen Punkt: sofortige Zurückweisung an der Grenze oder nicht. Das ist eine Maßnahme, die Seehofer selbst vor einem halben Jahr noch mit den Worten, dies sei eine "hochkomplizierte" Angelegenheit, abgelehnt hatte. Auch in den langen Koalitionsverhandlungen war dies kein Thema. Aber jetzt muss es sein – koste es, was es wolle, auch wenn die Zahl der neu Ankommenden zurückgegangen ist.

Seehofer hätte auch jetzt noch das Gesicht wahren können, denn darum geht es letztendlich ja: Wer geht in diesem erbitterten Kampf als Sieger hervor – er oder Kanzlerin Angela Merkel. Er hätte am Sonntag sagen können: Ich sorge als Innenminister nun für eine gute Ausarbeitung der geplanten bilateralen Abkommen. Das wäre konstruktiv gewesen. Stattdessen bot die CSU destruktives Einbunkern.

Dieses unwürdige Schauspiel muss jetzt zu einem Ende kommen – mit Seehofer oder ohne. Nach aktuellem Stand der Dinge wird es wohl eher ohne ihn sein. Denn der CSU ist längst schon die Selbstreflexion abhandengekommen. Sie schafft es nicht mehr zu erkennen, wie schwer sich ihr Chef in der ganzen Causa beschädigt hat. (Birgit Baumann, 2.7.2018)