Noch hat er sich nicht ins Weichbild der Straßen geschlichen, dafür starrt er uns finster von den Banden der Fußball-WM-Stadien in Russland an. Man sieht nicht viel. Nur seine Tiger-Nose, die breite, von Raubtiernüstern inspirierte Kühlerpartie, dann den schönen Text "Stinger". Das ist Kias Plädoyer für Stärke, Dominanz und Ästhetik. Ein Anruf an alle, jetzt auch diese Marke in Betracht zu ziehen, wer mehr will, als sicher und in angemessener Zeit von A nach B zu gondeln. Zum Beispiel eine heitere Runde auf einer Rennstrecke einlegen. Oder von der Ampel weg in Führung gehen. Oder eine hübsch gewundene, einsame Bergstraße unter heiße Räder nehmen. Das kann er.

Kia Stinger: auf Hinterradantrieb basierender Allrad, V6 mit 370 PS, gestreckte Eleganz. Eine Ansage.
Foto: Andreas Stockinger

Eckdaten gefällig? 5,1 Sekunden von null auf 100 km/h. 510 Nm Drehmoment. 270 km/h vmax. Dargebracht von einem V6-Biturbo mit 370 PS. Eingekleidet in eine wunderschöne, langgestreckte, niedrige GT-Linie. Hinter 19-Zoll-Felgen rot hervorleuchtende, packende Brembos. Allrad. Die Wangen des Fahrersitzes schließen engen Kontakt zu den Leibensflanken, sobald man den Startknopf drückt. Und das ist gut so.

Die vier Rohre am Heck zeugen von Leistung
Foto: Andreas Stockinger

Es weckt die Lebensgeister, wer die Einstellung Sport wählt. Dann spitzt sich der Stinger zu mit eifriger Gasannahme, superpräziser Lenkung und emsig waltender 8-Gang-Automatik. Hier knipst noch das ESP gnädig die Verrücktheiten weg, die das fulminante Fahrwerk wirklich nicht mehr verarbeiten kann, aber dann gibt's noch Sport+, und dann ist Schluss mit lustig. Mit aktiv deaktiviertem ESP schießt erstens die Launch-Control die Karre vom Katapult (ein Fuß auf der Bremse, der andere auf dem durchgedrückten Gaspedal, Bremse lösen, und ab geht die Post), gleichzeitig ist man für sein Tun selbst verantwortlich.

Das Cockpit des Boliden.
Foto: Andreas Stockinger

Aber es geht auch anders: Als GT versteht der Stinger, auch auf hohem Niveau zu reisen. Der Comfort-Modus eliminiert die Härten des Lebens, und im großzügigen Innenraum haben es vier Leute gemütlich. Die Assistenzprogramme sind in Quantität und Qualität auf der Höhe der Zeit, die Harman/Kardon-Anlage legt einen satten Soundtrack auf's vergnügte Cruisen, und dann ist es Sache einer reifen Persönlichkeit, auf einem tollen, begabten Auto ein Kia-Logo zu dulden. Schließlich legt man für das Topmodell, den 3,3 T-GDI V6, einen Batzen Geld auf den Tisch. (Andreas Hochstöger, 6.7.2018)

Foto: Andreas Stockinger