Eine fiktive Band hat natürlich keine Bandfotos. Angeblich sind das die aktuellen Akteure – aus der Feder des Jamie Hewlett.

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So schon eher. Zuletzt hatte Damon Albarns Projekt Gorillaz hauptsächlich bewiesen, dass zu viele Köche die Köchin verderben – oder wie das heißt. Zu viele Kollaborateure, diese Gastbeitragssucht, die auf Kosten von so etwas wie einer eigenen Handschrift gegangen ist.

Das neue Album der Gorillaz ist weitgehend ein Soloalbum des einstigen Frontmanns der Britpopper Blur geworden. Gut, George Benson spielt im Opener Humility Gitarre – ohne dass es saftjazzelt. Snoop Dog ist dabei – ohne besonders aufzufallen. Der Rest ist weitgehend Albarns Hausmarke.

Fiktive Band

Die orientiert sich aktuell bei der 1980er-Jahre Synthiedisco und, wie es sich für ein Gorillaz-Album gehört, ein wenig am Hip-Hop. Beides amalgamiert Albarn zu einem persönlichen Sound. Und der kommt auf The Now Now gut abgegangen rüber.

Die Gorillaz debütierten 2001 als "fiktive Band". Das bedeutete, dass sich die prominenten Gründer lustige Namen gaben und live hinter einer Leinwand auftraten, auf die Bilder des Illustrators Jamie Hewlett projiziert wurden.

Offene Plattform

Hewlett ist bis heute für das Artwork der Band verantwortlich, ansonsten begreift sich Gorillaz als offene Plattform, dessen Einladungspolitik Damon Albarn obliegt. Der wuchs seit dem Ende von Blur zu einem umtriebigen Alleskönner, der oft für Überraschungen gut war. Im Falle der Gorillaz litt die Qualität bei dem im Vorjahr erschienenen Vorgänger Humanz aber etwas am Morbus Zuvielwollenski: Gäste ohne Ende, ein bisschen zu viel Jahrmarkt.

Humility – der Opener des neues Albums der Gorillaz.
Gorillaz

The Now Now steigt diesbezüglich auf die Bremse. Es ist das sechste Album der Formation, seine elf Titel ergeben ein stimmiges Werk, das der einnehmenden Melancholie Albarns viel Platz einräumt. Der ist am überzeugendsten, wenn er ein wenig gedankenverloren wirkt – oder sich richtig ins Zeug legt, ohne zu dick aufzutragen. Hier ist es ein Song wie Sorcererz, der den 50-Jährigen in bester verhaltener Leidenschaft zeigt.

Kühle Kraftwerk

Sympathisch wirkt auch eine verwackelte Eloge auf Idaho. Das ist eine elektronische Ballade, ein Stück Musik, das wirkt, als wäre es in Albarns Kopf während einer Fahrt rüber nach Boise auf dem Beifahrersitz entstanden. Lake Zurich hingegen besitzt etwas von der Kraftwerk'schen Kühle und deren Romantik. Magic City ist träger, und damit reißt dem Album hinter raus ein wenig der Faden.

Es folgen noch drei weitere Songs, in denen Albarn etwas leergespielt wirkt, in denen er schmollend T-Shirtfussel aus seinem Bauchnabel fischt. Aber da muss man nicht unbedingt dabei sein. Außer man ist sehr verliebt; und da gibt es ja seit den Blur-Tagen zumindest eine Generation, die da infrage käme. (Karl Fluch, 3.7.2018)