Die Aufnahme zeigt die wogenden Massen der protoplanetaren Scheibe um den Stern PDS 70. Der Stern selbst liegt hinter dem schwarzen Kreis im Zentrum, denn ohne Abdeckung mittels Koronograf hätte er alles überstrahlt. Der Babyplanet ist der helle Fleck rechts daneben.
Foto: ESO

Was wir auf dem Foto oben sehen, ist in der Milchstraße ein alltägliches Szenario. Dass wir ein Bild davon haben, stellt hingegen eine Premiere dar: Zum ersten Mal ist es Astronomen gelungen, zweifelsfrei einen neugeborenen Planeten zu identifizieren. Die Beobachtung gelang mit dem Sphere-Instrument des Very Large Telescope, das die Europäische Südsternwarte (ESO) in Chile betreibt.

Das Objekt PDS 70 befindet sich etwa 370 Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild des Zentauren. Es handelt sich um einen jungen Stern mit weniger Masse als unsere Sonne, umgeben von einer protoplanetaren Scheibe: einer Ansammlung von Gas und Staub, aus der sich Planeten bilden können. Das System aus Stern und Scheibe ist erst fünf bis zehn Millionen Jahre alt – gemessen an den Jahrmilliarden seiner künftigen Existenz sind es also seine ersten Stunden. Dennoch ist der Prozess bereits so weit fortgeschritten, dass sich das kosmische Rohmaterial zu mindestens einem Planeten zusammenballen konnte: PDS 70b.

Noch eine Aufnahme der protoplanetaren Scheibe: Sie ist etwa 130 Astronomische Einheiten breit (eine AE entspricht dem Abstand zwischen Erde und Sonne). Zum Vergleich: Bis zum Kuipergürtel als äußerstem Rand unseres Sonnensystems sind es nur 50 AE.
Foto: ESO/A. Müller, MPIA

Der hat, ganz der Definition eines Planeten entsprechend, Löcher in die Scheibe gestanzt, indem er jegliches Material aus seiner Bahn geräumt hat. Eine große Lücke in der Scheibe wurde bereits 2012 entdeckt, als Ursache vermutete man schon damals einen Planeten. Ein internationales Astronomenteam um Miriam Keppler vom Max-Planck-Institut für Astronomie konnte dies nun eindrucksvoll bestätigen, indem es den "Täter" sichtete. Ein zweites Team ließ umgehend einen ersten Steckbrief folgen.

Vorgestellt wurde PDS 70b in zwei Studien im Fachmagazin "Astronomy & Astrophysics". Stolze 125 respektive 46 Autoren haben die beiden Papers unterzeichnet – in Widerspiegelung des immensen Rechenaufwands, der nötig war, das empfangene Datenmaterial in die Signale von Stern, Scheibe und Planet aufzutrennen.

Turbulenter geht es nicht

Ein derart junges Sternsystem ist kein Ort, an dem man sich aufhalten möchte. Die neugeborenen Planeten zerren gravitativ aneinander und müssen erst zu langfristig stabilen Umlaufbahnen finden. Welten können aus dem System hinausgeschleudert werden oder miteinander kollidieren, wie es auch der Ur-Erde widerfuhr: Sie dürfte vor etwa 4,5 Milliarden Jahren mit einem anderen Babyplaneten zusammengestoßen sein – das Ergebnis des gewaltsamen Materialaustauschs war die zu ihren heutigen Ausmaßen vergrößerte "Erde 2" nebst Mond. Außerdem schwirrt um einen jungen Stern noch jede Menge Material in verschiedensten Größenordnungen. Wie einst die Erde wird also auch PDS 70b noch eine lange Serie von Einschlägen über sich ergehen lassen müssen.

Selbst ohne Einschläge und Kollisionen wäre PDS 70b aber keine lauschige Welt. Die Entdeckung gelang auch deshalb, weil es sich dabei um einen wahren Giganten handelt: Er übertrifft Jupiter um ein Mehrfaches an Masse. Anders als die Gasriesen in unserem Sonnensystem ist er aber auch noch höllisch heiß. Laut Messungen dürften auf der wolkenverhangenen Welt, die ihren Stern einmal alle 120 Jahre umkreist, Temperaturen um die 1000 Grad Celsius herrschen.

Und obwohl schon jetzt ein beachtlicher Brocken, ist PDS 70b laut den Forschern immer noch am Wachsen – ganz wie es sich für einen Neugeborenen gehört. (Jürgen Doppler, 3.7.2018)