Bethlehem – Dresscodes und ähnliche optische Richtlinien für Mitarbeiter sollen berufliche Seriosität suggerieren. Banker in kurzen Hosen: unvorstellbar. Aber warum eigentlich? Eine aktuelle Studie im "Emergency Medicine Journal" zieht die Notwendigkeit mancher Ge- und Verbote jedenfalls in Zweifel. Im Fokus standen dabei Tattoos und Piercings.

Knapp 1.000 Patienten eines medizinischen Notfallzentrums im US-Bundesstaat Pennsylvania sollten die Professionalität von Ärzten bewerten, mit denen sie ein Behandlungsgespräch geführt hatten. Die für die Studie ausgewählten Ärzte variierten ihr Aussehen allerdings im Verlauf der neun Monate währenden Studie: Mal statteten die Forscher um Marissa Cohen von der St Luke’s University in Bethlehem sie mit Fake-Piercings im Gesicht und/oder aufgemalten Tattoos aus, mal blieben die Ärzte "naturbelassen".

Die Bewertung

In den anschließenden Befragungen wurden die Patienten nicht explizit auf das Thema Körperschmuck angesprochen, um die Antworten nicht in eine bestimmte Richtung zu lenken. Stattdessen sollten sie ihren allgemeinen Eindruck von Kompetenz, Professionalität, Vertrauenswürdigkeit und Zugänglichkeit des jeweiligen Arztes wiedergeben. Die Forscher mussten anschließend nur noch vergleichen, ob die Bewertungen von ein und derselben Person mit der Körperschmuck-Ausstattung schwankten.

Kurz gesagt: Sie taten es nicht. Die fünf Ärzte erhielten hohe Bewertungen, und Tätowierungen oder Piercings änderten daran nichts. Spätestens wenn es ernst wird – wie hier im Kontext medizinischer Notfälle –, spielen Äußerlichkeiten offenbar keine Rolle mehr.

Die Forscher weisen darauf hin, dass der Bevölkerungsanteil an Tätowierten und Gepiercten seit Jahren am Steigen ist – das gelte zwangsläufig auch für junge Menschen, die eine Karriere in der Medizin anstreben. Denen müsse man es also nicht unnötig schwer machen, indem man ihnen Richtlinien auferlegt, für die sich ohnehin niemand interessiert. (red, 4. 7. 2018)