Mountainbiker im Wald werden von Jägern meist nicht gern gesehen. Ein Waidmann, der einen Draht über einen Weg spannte, stand nun in Ried vor Gericht.

Foto: APA / dpa / Tobias Hase

Ried – "Es war dummn und ich hab halt nicht 'denkt" – Wolfgang G. sitzt an diesem sonnigen Nachmittag sichtlich geknickt im schwarzen Anzug vor Richterin Claudia Lechner. Der brisante Grund dafür, dass der leidenschaftliche Jäger den Hochstand mit der Anklagebank am Landesgericht Ried tauschen musste, liegt gut zwei Monate zurück.

Anfang Mai wurden dem 47-Jährigen der offensichtlich regelmäßige Besuch von Mopedfahrern und Mountainbikern im Revier zu viel. "Bitte, das ist eine Privatstraße, und dauernd wurde das Wild aufgescheucht", versucht sich Wolfgang G. zu rechtfertigen. Der Leiharbeiter zog aber nicht etwa den Gang zu den Behörden in Erwägung, sondern entschied sich für Selbstjustiz.

Auch Wildkamera installiert

Laut Anklage spannte der Jäger in einem Wald in Neukirchen an der Enknach ein vier Meter langes, dünnes Drahtseil in einer Höhe von 1,65 Meter zwischen zwei Bäumen. Auf beiden Seiten deponierte er am Boden noch einen längeren Ast. Das heimtückische Vorhaben abrunden sollte dann ein Bild aus einer ebenfalls angebrachten Wildkamera.

Im Prozess zeigte sich Wolfgang G. am Dienstag dazu weitgehend geständig, bestritt aber zunächst eine Verletzungsabsicht. "Ich wollte doch nicht, dass wer zu Sturz kommt oder sich verletzt. Mir ist es darum gegangen, dass der Mopedlenker stehen bleibt und ich ein ordentliches Foto krieg'n nicht so ein verwischtes." Richterin Lechner erinnerte den Angeklagten dann daran, dass dieser in der polizeilichen Einvernahme durchaus angegeben hatte, einen entsprechenden Sturz einkalkuliert zu haben. "Es war der größte Fehler meines Lebens. Es tut mir unglaublich leid."

"Das Leben am Hals ist sehr dünn"

Im Prozess ist da der Moment gekommen, an dem es Staatsanwalt Alois Ebner ganz offensichtlich reicht: "Herr Verteidiger, warum redet ihr Mandant heute so herum?" Und dann direkt an den Angeklagten gerichtet: "Wenn es nur um das Aufhalten gegangen wäre, hätten sie auch eine deutlich sichtbare Absperrung machen können. Sie wissen schon, was ein Drahtseil in dieser Höhe anrichten kann, oder? Der Tod ist da sehr nahe und das Leben am Hals sehr dünn."

Dass an dem Maitag im Grünen kein lebensbedrohender Unfall passierte, ist lediglich dem Zufall geschuldet. Die geladene Zeugin schildert im Prozess, dass sie aufgrund des Astes auf dem Boden vom Bike gestiegen sei. "Und dann habe ich so zwanzig Zentimeter vor mir plötzlich den Draht gesehen." Richterin Lechner setzt nach: "Wäre es möglich gewesen, mit dem Rad über den Ast zu fahren?" Die Zeugin will das nicht ausschließen: "Aber ich hätte mich eher nicht getraut."

Jagen als Hobby

Wolfgang G. versucht dann im Prozessverlauf erneut, Besitzansprüche geltend zu machen: "Frau Richterin, das ist ein Privatgrundstück ..." Lechner: "Das haben Sie bereits erwähnt. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, sich an die Behörden zu wenden. Dann hätte man wahrscheinlich ein entsprechendes Schild aufgestellt. Ihre Variante der Selbsthilfe war die denkbar ungünstigste."

Verteidiger Johann Postlmayr verweist dann unmittelbar vor der Urteilsverkündung auf die Unbescholtenheit seines Mandanten. Und: "Er muss jetzt schon damit leben, dass ihm sowohl der Jagdschein als auch die Waffenbesitzkarte entzogen wurden. Jagen war sein großes Hobby."

Richterin Lechner lässt die Unbescholtenheit und das Geständnis in die Urteilsfindung einfließen, folgt aber dennoch dem Antrag der Staatsanwaltschaft. "Sie haben eine große Gefahr geschaffen – und den Draht sich selbst überlassen." Das rechtskräftige Urteil: sechs Monate bedingt auf drei Jahre und 2.000 Euro unbedingte Geldstrafe. (Markus Rohrhofer, 3.7.2018)