Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck glaubt, dass der Umweltschutz nicht unter dem Standortentwicklungsgesetz leidet.

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Wien – Die Regierung hat im heutigen Ministerrat das Standortentwicklungsgesetz diskutiert. Geplant sein sollte laut Meldungen, später in einem Gesetz "standortrelevante" Großprojekte wie die dritte Piste am Flughafen Schwechat oder der Lobautunnel schneller genehmigbar zu machen. Dauert ein Verfahren zu lange, sollen solche Vorhaben automatisch abgesegnet werden – auch wenn das zugehörige Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren (UVP) noch nicht abgeschlossen ist.

"Das Vorhaben ist ex lege genehmigt, sollte die UVP-Behörde nicht innerhalb von 18 Monaten ab Antragsstellung auf Erteilung einer Bestätigung der Bundesregierung zu einer Entscheidung gekommen sein", heißt es von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP).

Expertengremium zur Beurteilung

Anträge für "standortrelevante" Großprojekte können von Landeshauptleuten und der Regierung eingebracht werden, die jeweils zuständigen Minister sollen dazu Stellung nehmen. "Ein Expertengremium, der Standortentwicklungsbeirat," soll die beantragten Vorhaben beurteilen und eine Empfehlung abgeben. Dieser wird eigens dafür geschaffen.

Ob ein standortrelevantes Vorhaben im besonderen öffentlichen Interesse der Republik Österreich liegt oder nicht, entscheidet schlussendlich die Regierung selbst im Ministerrat. Wird ein Projekt genehmigt, soll dies "im Wege einer Verordnung der Bundesregierung, der Standort-Entwicklungs-Vorhaben-Verordnung, öffentlich kundgemacht" werden, so das Ministerium. Das Gesetz soll mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten.

Vorhaben für NGOs rechtswidrig

Für zahlreiche NGOs ist das Vorhaben europarechts- und verfassungswidrig. "Mit dem heutigen Gesetzesvorschlag verstößt die Regierung klar gegen Verfassungs- und Europarecht. Sie will Großprojekte durchboxen – im Zweifel auch gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger und auf Kosten der Umwelt", kritisiert Greenpeace-Sprecher Lukas Hammer. Die automatische Genehmigung gelte auch dann, wenn Unterlagen nicht korrekt eingebracht wurden oder das Projekt auf der Kippe steht, so die NGO. Hammer verweist etwa auf die Asfinag, "die in den letzten fünf Jahren bei jedem großen Projekt mindestens 18 Monate gebraucht hat, um alle Unterlagen vorzulegen. Bei der Schnellstraße S8 West vergingen sogar 36 Monate, bis die Unterlagen vollständig waren."

"In letzter Konsequenz heißt das für die Logik eines Projektwerbers: Nehme ich für mein Investment nur genug Geld in die Hand, um auf die Liste der standortrelevanten Projekte zu kommen, muss ich mir nicht mehr viele Sorgen machen – solange das Verfahren nur lange genug dauert", meinte Leonore Gewessler, Geschäftsführerin von Global 2000. Auch der WWF fordert die Regierung auf, "das unausgegorene Gesetz zurückzuziehen und sich den tatsächlichen Bremsen im System zu widmen".

Verfassungsrechtler: "Das halte ich für unzulässig"

Auch nach Ansicht des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer ist das Vorhaben der Regierung, Großprojekte per Gesetz automatisch zu genehmigen, wenn die UVP-Behörde nicht innerhalb von 18 Monaten entscheidet, rechtswidrig. "Das halte ich für unzulässig", sagte Mayer am Mittwoch zur APA.

Der Ausgang der Prüfung lasse sich durch eine solche Regelung leicht manipulieren, "die Behörde braucht ja nur nichts zu tun, wenn sie ein Projekt genehmigt haben will, und dann ist es genehmigt", sagte Mayer. "Außerdem muss ja auch die Parteienrechte der Gegenparteien wahren. Man kann ja nicht behördliches Versagen oder behördliche Nachlässigkeit dazu führen lassen, dass die Parteirechte untergehen." Auch die Projektbetreiber selbst könnten die Prüfung bewusst verzögern, um einen positiven Bescheid durch Fristablauf zu erreichen.

"Das geht sicher dort nicht, wo Unionsrecht betroffen ist und es geht wohl auch nach nationalem Recht nicht. Man muss sich aber noch im Detail ansehen, wie das gestaltet ist. (APA, 4.7.2018)