Bild nicht mehr verfügbar.

Souad Abderrahim ist die erste Bürgermeisterin von Tunis.

Foto: AP

Souad Abderrahim schreibt Geschichte. Die 53-jährige Tunesierin wurde als erste Frau zur "Cheikha de la Medina", also Bürgermeisterin von Tunis, gewählt. Die Tunesierin ist damit das erste gewählte Oberhaupt der Stadt überhaupt. Abderrahim gewann als Nummer eins der islamistischen Partei namens Ennahda (Erneuerung) die Kommunalwahlen im vergangenen Mai, im zweiten Wahlgang schlug sie Mitbewerber Kamel Idir von der Partei des tunesischen Präsidenten Beji Caid Essebsi, Nidaa Tounes.

Die in der südtunesischen Hafenstadt Sfax geborene Abderrahim ist keine gewöhnliche islamistische Politikerin. Sie trägt das Haar offen und kleidet sich am liebsten in Hosenanzügen. Als "feministische Islamistin" sieht sich die verheiratete Mutter zweier Kinder. Im Wahlkampf versprach sie, die Probleme der tunesischen Hauptstadt anzugehen: den öffentlichen Nahverkehr ausbauen, die Müllabfuhr zu verbessern und die Parkanlagen herzurichten. Für Letzteres hat sie eine ganz besondere Idee. Sie verlangt für straffällig gewordene junge Menschen gemeinnützige Arbeit statt Haftstrafen.

Abderrahims politische Karriere begann, als sie in Monastir, der Heimatstadt des Vaters des unabhängigen Tunesien, Habib Bourguiba, Pharmazeutik studierte. Dort gehörte sie dem Vorstand der islamistischen Studentengewerkschaft UGTE an. 1985 wurde sie für zwei Wochen inhaftiert, als sie bei einer politisch motivierten Schlägerei festgenommen wurde. Abderrahim, die damals noch Kopftuch trug, hatte nur vermitteln wollen. Sie musste trotzdem ihr Studium unterbrechen.

Arbeitete im Arzneigroßhandel

Erst 1991 schloss sie ab und arbeitete daraufhin in einem Arzneimittelgroßhandel. Das Kopftuch wanderte endgültig in die Schublade. Nach der Revolution 2011 wurde sie als Ennahda-Spitzenkandidatin in einem Wahlbezirk von Tunis in die verfassungsgebende Versammlung gewählt.

Ihre politischen Gegner beäugen Abderrahim mit Argwohn. Sie sei nur ein "modernes Aushängeschild für die internationale Öffentlichkeit" der Islamisten. "Souad Palin" wurde sie in Anlehnung an die extrem rechte Gouverneurin des US-Bundesstaates Alaska immer wieder genannt.

Demnach vertritt Abderrahim im Einklang mit ihrer Partei ein orthodoxes Familienbild. Sie erklärte alleinstehende Mütter zur "Schande für eine islamische Gesellschaft", und im derzeitigen Streit um das Erbrecht, das Frauen deutlich benachteiligt, hält sie sich völlig bedeckt (Reiner Wandler, 4.7.2018)