Salisbury – Vier Monate nach dem Giftanschlag auf die Skripals sind wieder ein Mann und eine Frau durch eine unbekannte Substanz lebensbedrohlich erkrankt. Die beiden liegen in derselben Klinik im südenglischen Salisbury wie damals der ehemalige russische Doppelagent Sergej Skripal (67) und seine Tochter Julia (33).

Erwartungsgemäß seien Terrorexperten in die Ermittlungen einbezogen worden, teilte Scotland Yard am Mittwoch mit. Die Polizei in der Grafschaft Wiltshire sprach von einem "größeren Vorfall". Ein Verbrechen konnte die Polizei zunächst ebenso wenig ausschließen wie Drogenmissbrauch. Man gehe unvoreingenommen an den Fall heran.

Im vergangenen März waren Teile der Innenstadt von Salisbury abgeriegelt worden, nachdem die Skripals mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden waren. Sie saßen bewusstlos auf einer Parkbank. London bezichtigte Moskau als Drahtzieher der Tat.

Nowitschok war in der früheren Sowjetunion hergestellt worden. Das Attentat löste eine schwere internationale Krise aus. Zahlreiche westliche Staaten, auch Deutschland, wiesen Dutzende russische Diplomaten aus. Moskau reagierte mit ähnlichen Maßnahmen. Die Skripals leben inzwischen an einem unbekannten Ort.

Bereiche abgesperrt

Nach dem jüngsten Vorfall wurden einige Bereiche in Salisbury und in dem Wohnort des Paares, Amesbury rund 13 Kilometer weiter nördlich, vorsichtshalber abgesperrt. Die Gesundheitsbehörde ging nicht von einer "bedeutenden Gesundheitsgefährdung" für die Öffentlichkeit aus. Das Paar im Alter von etwa 40 Jahren soll unter anderem eine Familienveranstaltung in einer Kirche besucht haben, bevor es am Samstagabend bewusstlos in seinem Wohnhaus entdeckt wurde.

Die Beamten seien zunächst davon ausgegangen, dass die beiden möglicherweise verunreinigtes Heroin oder Crack-Kokain eingenommen haben könnten und sich daher im kritischen Zustand befinden. Es werde aber noch genau untersucht, welche Substanz im Spiel gewesen sei.

Bewohner verunsichert

Medienberichten zufolge ist auch das Forschungslabor für Chemiewaffen im nahe gelegenen Porton Down mit in die Untersuchungen einbezogen worden. Scotland Yard wollte dazu keine Stellungnahme abgeben. In Porton Down war auch das Nervengift Nowitschok im Fall Skripal identifiziert worden. Unabhängige Untersuchungen der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) bestätigten das Ergebnis.

Amesbury liegt ganz in der Nähe des Unesco-Weltkulturerbes Stonehenge. Bewohner des Ortes waren verunsichert und forderten mehr Informationen von den Behörden. "Uns hat die Polizei nichts erzählt", zitierte die Nachrichtenagentur PA Justin Doughty. "Wir wissen einfach nicht: Hat das nun mit Salisbury zu tun oder mit Drogen?" (APA, 4.7.2018)