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Irans Präsident Hassan Rohani bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Hofburg. Übereinstimmung gibt es vor allem darüber, dass der Atomdeal bleiben soll.

Foto: Reuters/ Lisi Niesner

Die Rettung des Atomdeals, die medial als Zweck der aktuellen Europa-Reise des iranischen Präsidenten Hassan Rohani identifiziert wurde, fand jedenfalls nicht beim offiziellen Besuch in Wien statt, und auch nicht zuvor in der Schweiz. Dazu braucht es größere Player – und während Rohani am Mittwoch von der Präsidentschaftskanzlei ins Bundeskanzleramt wechselte, trudelten die Bestätigungen ein: Der chinesische und der russische Außenminister werden an dem Treffen am Freitag in Wien teilnehmen, das die nach dem Ausscheiden der USA verbliebenen Atomdeal-Vertragspartner (EU, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und eben Russland und China) abhalten werden. Es wird unter der Leitung der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini stehen, wie auch schon die Atomdeal-Verhandlungen, die im Sommer 2015 in Wien abgeschlossen wurden.

Der iranische Präsident Hassan Rohani traf in Wien Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Im Mittelpunkt stand der internationale Atomdeal mit dem Iran.
ORF

Teheran präsentiert seine Position nach außen hin recht einfach: Werden die verbleibenden Partner den Schaden wettmachen können, den nicht nur der Wegfall von Geschäftspartnern in den USA, sondern auch die neuen US-Sanktionen für den Iran bedeuten? Die ehrliche Antwort darauf ist wohl recht einfach: Nein, das können sie nicht. Sie können sich nur bemühen, die Führung in Teheran davon zu überzeugen, dass es für sie noch immer Vorteile bringt, sich auch mit geringeren wirtschaftlichen und politischen Dividenden an die im Deal für das iranische Atomprogramm aufgestellten Regeln zu halten: eine strenge Beschränkung des Urananreicherungsprogramms auf viele Jahre.

Anreizpaket

Das soll am Freitag in Wien geschehen, und dazu werden die angereisten Außenminister ein noch unbekanntes Paket mit Anreizen vorlegen. Aber die USA, die im Mai ihren Ausstieg verkündet haben, sind inzwischen nicht untätig. Hochrangige US-Offizielle sind in Europa und Asien unterwegs, um in den Staatskanzleien Druck zu machen, dass diese die Ölimporte aus dem Iran einstellen. Am Horizont dräut der 4. November, das ist der Tag, an dem die US-Sekundärsanktionen – Sanktionen gegen Länder und Firmen, die weiter mit der iranischen Zentralbank Geschäfte machen und Öl kaufen – in Kraft treten.

Für die Europäer wird das ein Seiltanz in den Beziehungen zu ihrem transatlantischen Partner. Dazu kommt, dass sie, wie die USA, der aggressiven iranischen Einflusspolitik im Nahen Osten sehr kritisch gegenüberstehen. Teheran scheint jedoch nicht bereit, ihnen entgegenzukommen. Wie sich dieses Verhältnis auf lange Sicht entwickelt, ist offen.

Internationale Reaktionen

Beobachter rechnen hingegen damit, dass sich China und Russland von den USA nicht einschüchtern lassen, ebenso – um zu Ländern außerhalb der Atomdeal-Partner zu kommen – die Türkei. Sie ist zwar kein globaler Player, aber wichtiger Nachbar des Iran.

Indien, der zweitgrößte Importeur iranischen Öls nach China, sendet unterschiedliche Signale: Offiziell heißt es, dass man der US-Aufforderung nicht folgen wird, inoffiziell rechnet man mit einer Reduktion von Ölimporten ab November. Japan wiederum scheint sich den USA zu fügen: Premier Shinzo Abe hat soeben einen für den Sommer geplanten Iran-Besuch abgesagt. Die Überlebenschancen für den JCPOA, wie der Atomdeal offiziell heißt (Joint Comprehensive Plan of Action), scheinen insgesamt eher schlechter als besser zu werden.

"Verhaltensänderung"

Bleibt die Frage, was die USA mit ihrer Iran-Politik eigentlich bezwecken. Hier liegt die Antwort irgendwo zwischen dem offiziellen "change of behaviour" (Verhaltensänderung) des iranischenRegimes, einem von innen herbeigeführten Regimekollaps und einem "regime change" von außen, durch militärische Intervention. Die US-Regierung schließt auch Letzteres nicht aus, besonders für den Fall, dass der Iran den JCPOA ebenfalls verwirft, sein Atomprogramm wieder voll hochfährt und womöglich sogar aus dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) aussteigt.

Laut dem Nachrichtenportal Axios gibt es eine US-israelische Arbeitsgruppe, die sich mit Regimesturz-Szenarien befasst. Als größter Gegner der Gedankenspiele mit einer direkten Militärintervention gilt in der US-Regierung Verteidigungsminister James Mattis, der letzte Verbliebene der ersten Regierungsriege von Donald Trump auf einem Schlüsselposten. Hingegen wird dessen Nationaler Sicherheitsberater manchmal als John "Bomb Iran" Bolton apostrophiert.

US-Offizielle haben sich positiv zu den jüngsten Demonstrationen im Iran geäußert – was unweigerlich zum iranischen Verdacht führt, sie seien von außen gesteuert. Regimeunterstützer erinnern an den britisch-amerikanisch gesteuerten Sturz von Premier Mohammed Mossadegh 1953, Gegner sehen hingegen Parallelen zur revolutionären Stimmung vor dem Sturz des Schahs 1979.

Auch Trump selbst hat sich zufrieden über die "Unruhen" gezeigt: Der Iran "denkt nun nicht mehr ans Mittelmeer", sondern sei mit sich selbst beschäftigt. Und der US-Präsident macht Druck auf Saudi-Arabien, mehr Öl zu fördern, um die Auswirkungen auf den Preis zu dämpfen, wenn das iranische Öl vom Markt verschwindet. (Gudrun Harrer, 4.7.2018)