Da lachen sie: Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Chinas Premier Li Keqiang reden nicht über Zölle.

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Bezollst du mich, bezolle ich dich: Nachdem China im April mit Vergeltungszöllen auf die Importbeschränkungen der USA für Stahl und Aluminium reagiert hat, bleibt das Reich der Mitte auch jetzt der Linie treu, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Am Freitag wird Peking laut Insiderberichten Einfuhrzölle auf US-Waren im Wert von 34 Milliarden Dollar (29 Milliarden Euro) einführen. Just an dem Tag, an dem US-Zölle im selben Ausmaß auf chinesische Waren schlagend werden. Tag und Ausmaß sind wohl kaum zufällig gewählt.

Was bisher unter dem Label Handelsstreit firmiert, wird damit immer mehr zu einer Vergeltungsspirale und droht, sich zu einem Handelskrieg auszuweiten. Denn Amerika plant weitere Zölle – beispielsweise auf Autos und Autoteile. Dabei stößt US-Präsident Trump besonders auf europäischen Protest, denn solche Zölle würden die Automobilwirtschaft auf dem alten Kontinent besonders hart treffen.

In Peking dürften die angedrohten Zölle jedoch nur nach außen Kritik ernten. Laut Insidern wittert China die Chance, von den Rissen in der europäisch-amerikanischen Partnerschaft zu profitieren und mit den Europäern ein gemeinsames Vorgehen gegenüber der Handelspolitik des US-Präsidenten zu erreichen.

Chinesische Avancen

China übe Druck aus, beim chinesisch-europäischen Gipfel Mitte Juli in Peking eine starke gemeinsame Erklärung zu verabschieden. Konkret schwebe dem Reich der Mitte ein gemeinsames Vorgehen gegen die USA bei der Welthandelsorganisation (WTO) vor. Als Geste guten Willens haben chinesische Vertreter bei hochrangigen Treffen zwischen Peking und Brüssel angeboten, ihre Märkte weiter zu öffnen.

Dass der Westen einen Block gebildet habe, sei China schon lange ein Dorn im Auge, erklärte ein EU-Vertreter. Die chinesische Regierung habe das Gefühl, Europa beim Handel oder beim Thema Menschenrechte aus diesem Block herausbrechen zu können. "Trump hat den Westen gespalten und China versucht, daraus Kapital zu schlagen."

Im Handelsstreit zwischen Europa und den USA vertiefen sich die Gräben zusehends. Laut der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel trage die Auseinandersetzung bereits Züge eines Handelskrieges. "Es lohnt sich alle Mühe, diesen Konflikt zu entschärfen, aber dazu gehören zwei Seiten", sagte Merkel und verwies auf eine baldige Reise von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in die USA. EU-Kommissar Günther Öttinger glaubt nicht, dass sich ein Handelskrieg noch vermeiden lässt.

Einig in Kritik an China

Die chinesische Strategie, Europa enger an sich zu binden, dürfte aber nicht aufgehen. In Europa teile man viele der Punkte, die die USA an China kritisieren, sagte ein EU-Diplomat. "Wir stimmen nicht darin überein, wie die USA damit umgehen." Wie die Vereinigten Staaten kritisiert auch Europa den Umgang Chinas mit geistigem Eigentum. Vorige Woche hat US-Präsident Trump angekündigt, chinesische Investitionen in amerikanische Technologiefirmen zu unterbinden, um deren Know-how vor Diebstahl zu schützen. Zudem wollen die USA dem weltgrößten Telekomanbieter China Mobile den Zugang zum US-Markt verwehren. Laut der Regierung in Washington stelle das staatliche Unternehmen ein Sicherheitsrisiko dar – auch aufgrund von möglicher Wirtschaftsspionage.

Die chinesische Retourkutsche kam postwendend: Ein chinesisches Gericht hat nun dem amerikanischen Chiphersteller Micron den Verkauf von 26 Produkten untersagt. Begründung: Der Konzern habe gegen das Patentrecht verstoßen. Dass einem westlichen Unternehmen auf den chinesischen Markt Steine in den Weg gelegt werden, ist kein Novum. Dass der Fall von Micron im Licht des Handelsstreits zu sehen ist, lässt seine Vorgeschichte vermuten: Im Dezember hat Micron seinem taiwanesischen Konkurrenten UMC und dessen chinesischem Partner Fujian Jinhua Integrated Circuit vor einem kalifornischen Gericht die Verletzung geistigen Eigentums vorgeworfen. Fujian hat sich mit einer entsprechenden Klage in China gerächt. (Aloysius Widmann, 5.7.2018)