Das Nördliche Breitmaulnashorn ist nicht nur das seltenste Großsäugetier der Erde, es ist praktisch ausgestorben: Heute existieren nur noch zwei Exemplare dieses Riesen, beide sind Weibchen. Das letzte Männchen der in Afrikas Grassavannen einst weit verbreiteten Unterart des Breitmaulnashorns ist vergangenen März gestorben. Doch trotz der aussichtslosen Lage lebt die Hoffnung auf einen Fortbestand der Tiere weiter – dank einer internationalen Forschergruppe, die sich seit 2008 um die Rettung der Nashörner bemüht.

Fatu (im Vordergrund) und Najin sind die letzten lebenden Vertreter der Unterart.
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Jetzt ist den Biologen um Thomas Hildebrandt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung ein entscheidender Schritt gelungen: Sie konnten erstmals entwicklungsfähige Nashornembryos im Labor erzeugen, die in lebende Weibchen eingesetzt werden und heranreifen könnten. Zwar handelt es sich dabei um Hybriden aus beiden Unterarten, dem Nördlichen und dem Südlichen Breitmaulnashorn. Um Letzteres steht es deutlich besser, an die 21.000 Exemplare davon gibt es heute in Südafrika. Um keine Risiken einzugehen, wurden daher versuchsweise Eizellen der südlichen Unterart entnommen und mit kryokonservierten Spermien der nördlichen befruchtet.

Technik aus der Pferdezucht

Mit Erfolg, wie die Forscher im Fachblatt "Nature Communications" berichten. Jetzt sei die Technik so weit ausgereift, dass schon bald Eizellen der nördlichen Unterart befruchtet und Leihmüttern eingesetzt werden sollen. "Unser Ziel ist, dass in drei Jahren wieder ein Nördliches Breitmaulnashorn zur Welt kommt", so Hildebrandt.

Für ihre aktuelle Studie adaptierten die Forscher künstliche Befruchtungstechniken, wie sie schon länger in der Pferdezucht angewendet werden. Mithilfe eines zwei Meter langen Ultraschallinstruments entnahmen sie Südlichen Breitmaulnashorn-Weibchen Eizellen, die dann in einem italienischen Labor ausgereift und befruchtet wurden. Die daraus entstandenen Blastozysten – Embryos im frühen Entwicklungsstadium – wurden eingefroren, um sie nach und nach lebenden Nashörnern einsetzen zu können.

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Sudan, das letzte männliche Nördliche Breitmaulnashorn, starb im März 2018 im Alter von 45 Jahren.
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Rückprogrammierte Zellen

Für die Befruchtung wurde Sperma von Nördlichen Breitmaulnashörnern verwendet, das vorausschauenderweise vor deren Tod eingefroren worden war. Aktuell verfügen die Forscher noch über etwa 300 Milliliter Sperma von insgesamt vier Individuen, die Samenqualität ist allerdings schlecht – und die genetische Variation womöglich zu gering, um damit eine gesunde Population aufzubauen. Dass die beiden letzten Weibchen Mutter und Tochter sind, vergrößert das Problem.

Aus diesem Grund arbeiten die Forscher noch an einer zweiten Option: Sie wollen aus ebenfalls konservierten Hautresten etlicher inzwischen toter Nördlicher Breitmaulnashörner sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) gewinnen, die wiederum gezielt zu Keimzellen ausreifen könnten. Daraus sollen dann Eizellen und Spermien entstehen und schließlich ebenfalls mittels künstlicher Befruch- tung Embryos geschaffen werden. Erste Versuche hätten bereits gute Ergebnisse gezeigt, sagte Cesare Galli, Co-Autor der Studie. (David Rennert, 5.7.2018)