Barcelona – "Was für ein angenehmes Gefühl ist es, wieder zu Hause zu sein", schrieb der Gründer der spanischen Nichtregierungsorganisation Proactiva Open Arms, Oscar Camps, am Mittwoch auf Twitter. Wenige Stunden zuvor konnte das von Italien abgewiesene Rettungsschiff der Organisation, die Open Arms, mit 60 Flüchtlingen an Bord in den Hafen von Barcelona einlaufen.

Zunächst kamen mehrere Ärzte an Bord des Schiffs, um die Migranten aus 14 Ländern – darunter fünf Frauen und fünf Minderjährige – zu untersuchen. Anschließend bekamen sie Informationen über die Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen.

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Flüchtlinge an Bord der Open Arms freuen sich über das Anlegen in Barcelona.
Foto: AP/Olmo Calvo

Bürgermeisterin mit EU-Kritik

Das Schiff hatte die Flüchtlinge am Samstag im Mittelmeer rund 30 Kilometer vor der Küste Libyens aus Seenot geborgen. Italien und auch Malta machten sofort klar, dass sie das Schiff nicht in ihre Häfen lassen wollten. Die spanische Regierung erklärte sich daraufhin zur Aufnahme der Flüchtlinge bereit.

Die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau, bezeichnete den Tag der Ankunft des Rettungsschiffes als "guten Tag". Zur Ankunft der Open Arms hing vor dem Rathaus ein Transparent, auf dem "Barcelona – ein sicherer Hafen" geschrieben stand. Colau setzt sich seit ihrem Amtsantritt im Sommer 2015 dafür ein, die Stadt als weltoffen und freundlich gegenüber Flüchtlingen zu profilieren.

Colau gehört der basisdemokratischen Plattform "Barcelona en Comú" an, für die damaligen Kommunalwahlen wurde die Partei von der Partei Podemos unterstützt.

Ada Colau bei der Pressekonferenz zur Ankunft der Open Arms.
Foto: APA/AFP/LLUIS GENE

"Wir haben immer gesagt, dass die EU statt ihrer Politik des Todes das machen sollte, was Open Arms tut: Menschenleben retten", sagte Colau bei der Pressekonferenz zum Anlegen der Open Arms. "Entweder wir sind eine den Menschenrechten verpflichtete Demokratie, oder wir sind es nicht."

Die Bürgermeisterin hat sich außerdem dafür eingesetzt, dass die 60 Flüchtlinge nicht in die geschlossenen Lager für Einwanderer ohne Papiere kommen. Stattdessen werden sie in städtischen und regionalen Einrichtungen untergebracht.

Ermittlungen gegen Proactiva Open Arms

Bereits im März hatte die Hilfsorganisation Probleme mit der italienischen Justiz: Damals wurde ein Schiff beschlagnahmt und Ermittlungen wegen krimineller Machenschaften und Begünstigung illegaler Migration aufgenommen. Colau setzte sich damals schon für Oscar Camps, den Gründer der NGO, ein.

Camps beklagte auf Twitter, seine Organisation hätte am Wochenende mehr Flüchtlinge retten können, die inzwischen ertrunken seien, sei aber aufgrund der italienischen Blockade und der Fahrt nach Spanien daran gehindert worden. "Wie traurig zu wissen, dass gestern weitere 63 Menschen gestorben sind. Wir haben nur 60 Menschen an Bord, hätten aber 270 mehr retten können", postete er.

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Aktivisten dekorierten die Christoph-Columbus-Statue in Barcelona mit riesigen Rettungswesten.
Foto: Reuters/ALBERT GEA

Italiens neue Regierung hatte zuletzt mehreren Rettungsschiffen die Einfahrt in einen Hafen verwehrt: Vor der Open Arms waren die Aquarius von Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee sowie die Lifeline von der deutschen Organisation Mission Lifeline betroffen. Beide Schiffe waren tagelang auf dem Meer blockiert. Die Aquarius durfte nach einer Irrfahrt Mitte Juni nach Spanien, die Lifeline nach langem Ausharren nach Malta.

Lifeline: 52 Flüchtlinge nach Frankreich unterwegs

Eine erste Gruppe von Flüchtlingen, die an Bord des Rettungsschiffes "Lifeline" auf Malta angelegt hatten, sind in Richtung Frankreich unterwegs. Dies twitterte der maltesische Premier Joseph Muscat am Donnerstag. Laut Abkommen Maltas mit anderen EU-Ländern sollen die 230 aufgegriffenen Personen von der "Lifeline" auf insgesamt neun Länder verteilt werden.

"Die Teilung der Verantwortung in der Flüchtlingsproblematik und Abschiebungen sind möglich. Sie können beide auf menschliche und effiziente Weise erfolgen", so Muscat. Malta hatte vor der Genehmigung zum Anlegen sicherstellen wollen, dass die Flüchtlinge auf andere EU-Länder verteilt werden. Italien, Frankreich, Irland, Luxemburg, Malta, Belgien, Portugal und die Niederlande erklärten sich bereit, Personen vom Schiff aufzunehmen. (APA, lhag, 5.7.2018)