Für Ärzte kann der Tod eines Patienten sehr schmerzvoll sein. "Wir haben aber keine Orte und Rituale, um diese Emotionen zu teilen", schreibt die Medizinerin Margaret McCartney.

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Sollten Ärzte zur Beerdigung ihrer Patienten gehen? Diese Frage stellt sich die Allgemeinmedizinerin, Wissenschaftsjournalistin und Sachbuchautorin Margaret McCartney in einem Kommentar, der kürzlich im Fachjournal "British Medical Journal" erschienen ist. "Eines ist klar: Ärzte können nicht zu allen Beerdigungen ihrer Patienten gehen, die sie behandelt haben. Aber sollten sie wenigstens an ein paar Trauerfeiern teilnehmen?", schreibt die Autorin.

Jahrelang dachte McCartney, dass die Antwort nur ein klares "Nein" sein könnte. Schließlich sei das Begräbnis eine Angelegenheit der Familie. Zudem sollten Ärzte eine gesunde Distanz zu ihren Patienten wahren, denn die Emotionen, die bei einem Begräbnis hochkommen, könnten sie in ihrer zukünftigen Arbeit beeinflussen.

Ihr Fazit: Beerdigungen sind religiöse Rituale, die primär die Funktion haben, den Angehörigen Trost zu spenden. Häufig wird an das Leben des Verstorbenen erinnert, Musik gespielt, lustige Anekdoten und traurige Geschichten erzählt. "Das alles hilft uns, um über die eigene Sterblichkeit nachzudenken", so die Allgemeinmedizinerin.

Trost für Angehörige und Arzt

Doch der Tod eines Patienten kann auch den Arzt emotional sehr berühren. "Wir haben aber keine Orte und Rituale, um diese Emotionen zu teilen", meint McCartney. Ihr Standpunkt: In solchen Fällen sei ein Besuch der Trauerfeier durchaus angebracht.

In ihren ersten Jahren als Hausärztin war es üblich, Mütter, die kürzlich entbunden hatten, daheim zu besuchen. "Der offizielle Hauptzweck bestand darin, sicherzustellen, dass alles in Ordnung war. Es ging aber auch darum, eine Beziehung aufzubauen oder zu vertiefen", heißt es im BMJ-Kommentar. Solche Besuche waren ein Ritual, die den Arzt in das gesellschaftliche Leben seiner Patienten einbetteten.

Geht ein Arzt nun zum Begräbnis eines Patienten, dann zeigt er den Hinterbliebenen, dass der Verstorbene mehr war als ein "Krankheitsfall", ein "Organ" oder "ein Schlaganfall". Ein letztes Gespräch mit dem Arzt kann für die Angehörigen außerordentlich tröstend sein – und umgekehrt. Das müsse aber jeder selbst entscheiden. (red, 6.7.2018)