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Die Portugiesische Galeere (Physalia physalis) ist eigentlich ein Verband hochspezialisierter Polypen – und sehr giftig.
Foto: AP/Gerald Herbert

Die rote Flagge gilt unter Mittelmeerurlaubern als missliebige Spielverderberin, bedeutet sie doch, dass man sich zumindest vorerst nicht in die Fluten stürzen darf. Das Badeverbot wird meist bei gefährlichen Strömungen oder zu hohen Wellen erteilt. Ende Mai allerdings war es ein ungewöhnlicher Besucher, der den Urlaubern an den Stränden einiger spanischer Touristenhochburgen den Badespaß vergällte: Portugiesische Galeeren waren gesichtet worden.

Die lila schimmernde Staatsqualle gilt als einzige tatsächlich gefährliche Quallenart des Mittelmeeres. Genau genommen ist sie keine Qualle im engeren Sinn, sondern eine ganze Kolonie von Polypen mit jeweils spezifischen Aufgaben. Während die harmlose bis zu 30 Zentimeter große Gasblase als Segel für die Fortbewegung sorgt, sind es die meterlangen Tentakel, vor denen man sich in Acht nehmen muss.

Dort sitzen auf jedem Quadratzentimeter hunderte Nesselzellen, sogenannte Nematocysten, die bei Hautkontakt winzige "Harpunen" verschießen. Das dabei injizierte Gift kann für starke Schmerzen und rote Quaddeln sorgen. Wirklich lebensbedrohlich ist die Begegnung mit einer Portugiesischen Galeere aber nur für geschwächte Personen oder Allergiker.

Die Lungenqualle (Rhizostoma pulmo) kommt vor allem im östlichen Mittelmeer vor. Die Tiere können teilweise beeindruckende Ausmaße erreichen, sind für den Menschen im Normalfall aber harmlos.
Foto: imago/ZUMA Press

Seltener Besucher

Obwohl vor wenigen Tagen an einem mallorquinischen Strand erneut Quallenalarm ausgerufen wurde, kann man hier bei weitem nicht von einem Massenphänomen sprechen, meint Gerhard Herndl vom Department für Limnologie und Bio-Ozeanografie der Universität Wien gegenüber dem STANDARD. Tatsächlich ist die Portugiesische Galeere immer noch ein seltener Anblick im Mittelmeer. Er selbst habe in diesen Breiten noch nie eine zu Gesicht bekommen.

Dass die Populationen einiger Quallenarten generell zunehmen, stimme aber tatsächlich – und schuld daran ist zumindest teilweise der Mensch: Die gallertigen Wesen mögen es warm, was dazu führt, dass die steigenden Temperaturen durch den Klimawandel Quallenepidemien wahrscheinlicher machen. Auch die Überfischung trägt dazu bei. Wenn die Nahrungskonkurrenz weggefangen wird, bleibt mehr Plankton für die Quallen, die im kulinarischen Überangebot entsprechend gut gedeihen.

Abwässer, die gleichsam als Dünger in vielen Meeresregionen zur explosionsartigen Planktonvermehrung führen und damit ebenfalls den Quallenpopulationen dienen, seien dagegen zumindest im Mittelmeer laut Herndl noch kein großes Problem.

Die Feuer- oder Leuchtqualle (Pelagia noctiluca) trat in den 1980er-Jahren an der Adria in Massen auf. Mittlerweile begegnet man ihr nicht mehr so häufig.
Foto: prilfish

Besorgniserregend sei in diesem Zusammenhang vielmehr die "Tropikalisierung" des Mittelmeeres: In den höheren Meerestemperaturen fühlen sich zunehmend auch exotische Arten wohl, die im Ballastwasser der Handelsschiffe aus fernen Weltregionen mitreisen. "Einige Quallenarten, aber auch zahlreiche Rippenquallenspezies, die Ersteren äußerlich ähneln, aber nur lose mit ihnen verwandt sind, haben so schon den Weg ins Mittelmeer gefunden", sagt Herndl.

Vereinzeltes Massenauftreten

Von einer generellen Quallenplage will der Meeresbiologe aber nicht sprechen. Obwohl der Gesamtbestand einzelner Arten durchaus zunehmen dürfte, seien punktuelle Massenansammlungen von Quallen ein natürliches Phänomen, ausgelöst von einem komplexen Zusammenspiel vieler Ursachen. So seien etwa Ende der 1980er-Jahre viele Adriastrände von enormen Massen an Feuerquallen heimgesucht worden.

Diese auch als Leuchtqualle bekannte Spezies kann mit ihren Tentakeln schmerzhafte Ausschläge verursachen und ist damit eine der unangenehmeren Quallen im Mittelmeer. Verblüffenderweise endete die Feuerquallenflut anfang der 1990er-Jahre, berichtet Herndl, und sei seither auch nicht mehr in dieser Form aufgetreten.

Auch die Begegnung mit einer Kompassqualle (Chrysaora hysoscella) kann schmerzhaft enden.
Foto: APA/dpa/Rolf Vennenbernd

Was tun im Fall der Fälle?

Abgesehen von der Portugiesischen Galeeren geht von den im Mittelmeer beheimateten Quallen kaum eine Gefahr aus: Zu den wenigen Arten, deren Nesselkapseln die menschliche Haut überhaupt durchdringen können, zählen neben der Feuerqualle noch die Kompassqualle, die Gelbe Haarqualle, verschiedene Wurzelmundquallenarten und die Würfelqualle Carybdea marsupialis. Letztere kann bei Kontakt zu äußerst intensiven Schmerzen führen.

Was zu tun ist, sollte man doch genesselt werden, darüber gehen die Meinungen auseinander: Während einige Essig empfehlen, um eventuell noch vorhandene Nesselzellenrückstände zu entfernen, raten andere davon ab. Im Zweifel tut es auch Meerwasser (keinesfalls Süßwasser) und etwas Sand, den man auf die betroffene Stelle aufträgt und nach dem Trocknen abschabt. Auch 45 Grad Celsius warmes Wasser kann lindernd wirken: Badet man die betroffene Körperstelle darin, zersetzt die erhöhte Temperatur das Protein der Gifte. Dass Urin gegen Quallenstiche wirkt, ist dagegen ein sich hartnäckig haltender Mythos – Draufpinkeln bringt also gar nichts. (tberg, 6.7.2018)