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Der Industriebetrieb Hirtenberger mit Hauptsitz in Hirtenberg strukturiert um – auch die Chefetage der Holding.

Foto: Reuters / BERNADETT SZABO

Gröbere Umbauarbeiten stehen soeben bei der niederösterreichischen Industriegruppe Hirtenberger an. Das Unternehmen, vor allem als Munitionshersteller bekannt, wurde jüngst von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH umgewandelt – und auch an der Spitze der Dachgesellschaft, der Hirtenberger-Holding, hat sich einiges getan. Eine der Folgen: ein Arbeitsgerichtsprozess, in dem es um rund 624.000 Euro geht.

Der seit 2013 amtierende Vorstandschef, der auch in diversen Tochtergesellschaften als Geschäftsführer fungierte, wurde Ende des Vorjahres suspendiert und inzwischen ganz abmontiert. Sein Vertrag wäre noch bis Ende September gelaufen. In einer außerordentlichen Sitzung am 16. Februar hat der Aufsichtsrat den Deutschen aber aus "wichtigen Gründen" abberufen, im April wurde er entlassen. Die Abberufung dürfte umstritten gewesen sein, jedenfalls haben sich die zwei Arbeitnehmervertreter im Gremium der Stimme enthalten.

"Ungereimtheiten"

Das erschließt sich aus den im Firmenbuch abrufbaren Unterlagen. Im Unternehmen hat man die Abberufung mit "Ungereimtheiten" begründet, bei der Entlassung beriefen sich die Aktionäre laut Protokoll auf einen forensischen Bericht der Anwaltskanzlei HBA. Dem Exchef werde zum Beispiel die Vergabe diverser Beratungsverträge vorgeworfen, heißt es, allerdings soll es auch Auffassungsunterschiede über die Strategie der Gesellschaft gegeben haben. Der Tod des langjährigen (via Weitblick-Privatstiftung indirekten) Miteigentümers Helmut Schuster im Frühling soll die Situation noch erschwert haben.

Kurz zur Orientierung: 1996 hat der frühere IBM-Manager und Ankerbrot-Eigentümer Schuster das insolvente Unternehmen vom Staat gekauft. In den Jahren davor hat der 1860 gegründete Rüstungsbetrieb (Hirtenberger Patronenfabrik) seine Palette sukzessive in Richtung ziviler Produkte umgestellt. Heute werden etwa Sicherheitstechnik für Autos, Zündsysteme für den Bergbau, Stanzteile für Werkzeuge, Maschinen für die Abfallbehandlung oder Umwelttechnik hergestellt.

Verkauf der Rüstungstochter

Der Rüstungsbereich (Hirtenberger Defence Systems, HDS) trägt nur noch rund zehn Prozent zum Umsatz bei. Produziert werden vor allem Granatwerfersysteme. Wie der STANDARD erfahren hat, soll die Rüstungstochter verkauft werden, Gespräche mit Interessenten gab es bereits. Auch ein Management-Buy-out steht zur Debatte. Vom Unternehmen – die Gruppe setzt mit rund 1800 Mitarbeitern an die 240 Millionen Euro um und erwirtschaftete zuletzt einen Gewinn von rund sieben Mio. Euro – wollte dazu auf Anfrage niemand etwas sagen.

Etwas mehr Einblick gab es am Donnerstag in der ersten Tagsatzung beim Arbeitsgericht (ASG) Wien. Dort hat der Exchef der Hirtenberger gegen seine Entlassung geklagt. Und es erschloss sich, dass er einen Anspruch auf eine vertraglich zugesicherte Beteiligung an der Wertsteigerung von Hirtenberger geltend macht.

Der Anwalt seines Exarbeitgebers, Joachim Zierler von HBA (er sitzt im Vorstand der Weitblick Stiftung), beantragte angesichts der Anwesenheit des STANDARD sofort den Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Anwältin des Klägers, Sieglinde Gahleitner, argumentierte dagegen, sie sehe keine Geschäftsgeheimnisse gefährdet. Allerdings wurde die Sache dann anders erledigt: Das ASG Wien ist unzuständig, die Causa landet beim Landesgericht Wiener Neustadt. (Renate Graber, 6.7.2018)