Bundesinnenminister Seehofer war am Donnerstag in Wien.

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Was gilt denn nun? In Wien, aber auch in Berlin herrschte nach dem Asylkompromiss zwischen Union und SPD Verwirrung über das weitere Vorgehen mit Österreich.

Wenige Stunden vor dem Abschluss hatte der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) in Wien noch erklärt, Deutschland werde "weder jetzt noch in der Zukunft Österreich für Flüchtlinge verantwortlich machen, für die es nicht zuständig ist".

Doch in der Vereinbarung, die die deutsche Koalition am Abend traf, heißt es mit Blick auf Österreich: "In den Fällen, in denen sich Länder Verwaltungsabkommen über die direkte Zurückweisung verweigern, findet die Zurückweisung an der deutsch-österreichischen Grenze auf Grundlage einer Vereinbarung mit der Republik Österreich statt."

Griechenland und Italien am Zug

In der Regierungspressekonferenz erklärte Seehofers Sprecherin Eleonore Petermann am Freitag auf die Frage, ob die deutsche Regierung nun ein Abkommen mit Österreich anstrebe: "Es besteht nicht der Bedarf." Denn 75 Prozent der Fälle, in denen es um Zurückweisungen geht, kämen nicht aus Österreich, sondern aus Griechenland und Italien.

Daher werde Seehofer zunächst mit diesen beiden Ländern das Gespräch suchen. Erst danach soll es zu einer Vereinbarung mit Österreich kommen. Nichtsdestotrotz bestehe zwischen Wien und Berlin "bestes Einvernehmen" – und Zurückweisungen aufgrund von Wiedereinreisesperren seien ja auch jetzt schon möglich.

Seehofer denkt Dacapo an

Seehofer droht der CDU mit einer Neuauflage des Asylstreits, sollte sich die Vereinbarung mit der Schwesterpartei nicht als praxistauglich erweisen. "Es wäre keine gute Strategie, darauf zu setzen, dass es keine bilateralen Vereinbarungen gibt. Dann müssten wir darauf zurückgreifen, direkt an der Grenze abzuweisen", sagte der Innenminister dem SPIEGEL. "Die Sache ginge dann wieder von vorne los." (Birgit Baumann aus Berlin, 6.7.2018)