Auch die Radetzkystraße 24-26 wird von der MA 19 als erhaltenswürdig eingestuft.

Foto: Zoidl

Das frühere Gasthaus Sperl vor wenigen Tagen.

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Anfang Juli trat in Wien eine Änderung der Bauordnung in Kraft: Seither ist für Abbrüche von Häusern, die vor 1945 errichtet wurden, eine Bewilligung der MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) nötig. Nachdem es in den Wochen vor dem Inkrafttreten der Novelle deshalb zu einem regelrechten Abrissboom in Wien gekommen war, wurden vor wenigen Tagen mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung etwa 80 bereits begonnene Abbrüche von der Baupolizei gestoppt.

Die MA 19 hat daraufhin "alle 29 zu beurteilenden Objekte" davon einer "ersten Einschätzung" unterzogen, wie der STANDARD erfuhr. 18 wurden laut MA 19 "aus diversen Gründen" als erhaltungswürdig eingestuft, darunter auch die Häuser Radetzkystraße 24–26 in Wien-Landstraße, in dem noch Mieter wohnen, und die Mariahilfer Straße 166 im 15. Bezirk.

Früheres Gasthaus Sperl

Auch das Haus an der Adresse Karolinengasse 13 im vierten Bezirk, in dem bis vor wenigen Wochen das Gasthaus Sperl war, ist laut MA 19 erhaltungswürdig. Einige der Objekte – darunter auch jenes in der Karolinengasse – wurden allerdings durch den Abbruchbagger vor dem Inkrafttreten der Novelle schon arg in Mitleidenschaft gezogen. Das werde wohl "auf dem Rechtsweg geklärt werden", heißt es dazu auf Nachfrage.

Für die elf übrigen Gebäude stellte die MA 19 eine Bestätigung des Abbruchs in Aussicht – darunter sind allerdings auch Einfamilienhäuser in Floridsdorf und der Donaustadt. "Wir gehen konsequent gegen Immobilienspekulanten vor und schützen Wiens Gründerzeithäuser", sagt die Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) in einer Presseinformation. Um die nun nötige Bewilligung der MA 19 für Abbrüche sei in den meisten Fällen bisher noch nicht angesucht worden, so eine Sprecherin.

Kritik am Vorgehen der Stadt übte allerdings die Kammer der ZiviltechnikerInnen für Wien, Niederösterreich und Burgenland in einer Aussendung: Krisiert wurde unter anderem, dass es keine Übergangsfristen gibt. Zudem werden transparente, nachvollziehbare Beurteilungskriterien gefordert. Einen Regress des entstandenen wirtschaftlichen Schadens durch die Baustopps hält man bei der Kammer für möglich.

Auch der auf Immobilienrecht spezialisierte Rechtsanwalt Thomas In der Maur von der Kanzlei Höhne, In der Maur & Partner hält es für einen "Schildbürgerstreich", bislang rechtmäßig laufende Abrisse zu stoppen. Schadenersatzansprüche gegen die Stadt Wien beurteilt er dennoch als "nahezu aussichtslos". (zof, 6.7.2018)