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Tayyip Erdoğan blickt vom Balkon des AKP-Hauptquartiers auf seine Anhänger.

Foto: Reuters/Kayhan Ozer/Presidential Palace

Ankara – Er verdiente zuletzt umgerechnet knapp 11.000 Euro brutto und hat sein Vermögen seit der ersten Wahl zum türkischen Staatspräsidenten im Sommer 2014 auf zehn Millionen Lira oder derzeit 1,9 Millionen Euro verdoppelt: Fast zwei Wochen nach den Präsidenten- und Parlamentswahlen haben die Türken erfahren, was der erste Mann im Staat, dem sie eine weitere Amtszeit verschafften, offiziell auf der hohen Kante hat.

Den Angaben der obersten Wahlbehörde zufolge, die im Amtsblatt zusammen mit dem endgültigen Wahlergebnis veröffentlicht wurden, hat Tayyip Erdoğan weiterhin einen Audi A8, Baujahr 2011, in der Garage stehen. Sein Wert war bei der Anschaffung mit 234.000 Lira angegeben worden, heute 43.000 Euro. Ob Erdoğan überhaupt Gelegenheit hat, sein Auto zu steuern, ist nicht bekannt. Für seine Fahrten benützt der türkische Präsident gepanzerte Mercedes-S600-Limousinen.

Neu in der Vermögensaufstellung des Staatschefs ist eine Privatvilla in Kısıklı, einem Viertel im Istanbuler Stadtteil Üsküdar auf der asiatischen Seite. Ihr Wert wird mit vier Millionen Lira (740.000 Euro) beziffert. Als Amtssitz benutzt Erdoğan in Istanbul die vor dem Ersten Weltkrieg erbaute "Villa Huber" im europäischen Teil der Stadt.

Zwei Millionen Lira Schulden

Auch Erdoğans Bankkonto ist in vier Amtsjahren als Präsident beträchtlich angewachsen: von 4,4 auf sechs Millionen Lira. Dafür stehen dieses Mal zwei Millionen Lira Schulden bei einem Jugendfreund Erdoğans, dem Unternehmer Mehmet Gür, in der Erklärung. Er soll in früheren Jahren das Studium der Erdoğan-Kinder mitfinanziert haben. Unterm Strich, so stellen türkische Medien fest, muss es dem Staatschef gelungen sein, innerhalb von vier Jahren mit Einkünften von insgesamt 2,2 Millionen Lira brutto sein Vermögen um fünf Millionen Lira anwachsen zu lassen.

Recherchen über die Finanzverhältnisse der Präsidentenfamilie sind in der Türkei sonst tabu und ziehen in der Regel rechtliche Folgen nach sich. Anfang des Jahres wies die Staatsanwaltschaft in Ankara Behauptungen des türkischen Oppositionsführers Kemal Kiliçdaroğlu zurück, wonach Angehörige der Erdoğan-Familie Geld an ein Offshore-Unternehmen auf der Isle of Man überwiesen hätten. In Wirklichkeit hätte die Familie in den Jahren 2011 und 2012 15 Millionen Dollar von einem auf der Kanalinsel registrierten Unternehmen erhalten, erklärte die Staatsanwaltschaft. Die Herkunft des Geldes untersuchte sie nicht.

Erdoğan war im Vormonat mit 52 Prozent der Stimmen zum Präsidenten wiedergewählt worden. Er wird am Montag im Parlament in Ankara seinen Amtseid ableisten und anschließend wohl die erste Regierung im neuen, nun geltenden Präsidialsystem vorstellen. (Markus Bernath, 7.7.2018)