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Auf der Insel und in Russland hoffen die Fans der Three Lions nun auf den ganz großen Coup.

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Gareth Southgate kann den Ruf aus dem Buckingham Palace fast schon hören. Der Titelgewinn könnte den 47-Jährigen durchaus adeln.

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Harry Kane (li), der Führende der WM-Torschützenliste, könnte es richten.

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Samara – Zwei ehemalige Weltmeister sind jetzt noch im Turnier. Frankreich und England, das Schweden mit 2:0 aus dem Viertelfinale geboxt hat. Aber sind beide wirkliche Champs? Beide haben ihre Titel nämlich daheim errungen. Frankreich 1998. Und England 1966, vor 52 Jahren.

Auswärts war England gewissermaßen eine Randnotiz, erfolglos und daheim verspottet. Nun aber rufen sie zu Hause: "Football's coming home!" Selbst Prinz William geruhte zu twittern: "Ihr wolltet Geschichte schreiben, und ihr habt es bereits getan. Ihr spielt eine unglaubliche WM, und wir genießen jede Minute." Was die in Brexit-Dingen so geschurigelte Premierministerin Theresa May nach der Schwedenpartie gerne bekräftigte: "Ein weiterer exzellenter Sieg, der das ganze Land stolz macht."

Der Vater dieses unerwarteten Erfolglaufes ist der 47-jährige Gareth Southgate. Er hat aus einem gewohnheitsmäßig hochnäsigen und stets zerstrittenen Haufen eine Einheit geformt. Statt der Saturiertheit setzte er auf jungen Hunger.

Junges und starkes Kollektiv

Vom praktisch unbekannten Goalie Jordan Pickford (24) über den Siegtorschützen gegen Schweden, Dele Alli (22), den Schützen zum 1:0, Jacob Harry Maguire (25), bis hin zum Leader in der Torschützenliste, Harry Kane (24) – so hat Southgates Personalpolitik England stark gemacht. Der Trainer meint: "Der kollektive Geist ist es, wieso wir hier sind. Wir haben noch keine Weltklassespieler, aber viele Junge, die mentale Stärke beweisen." Etwa im Elferschießen, einer stets nagenden Schwäche.

Geht es nach dem Trainer, war das erst ein Amuse-Gueule. Satt seien die Spieler keinesfalls noch. "Jetzt wollen wir es mit den Jungs auch bis zum Ende durchziehen. Es ist eine lange Zeit her, dass England bei einem großen Turnier so weit gekommen ist." 1990 hat man in Italien gegen den Gastgeber das Spiel um Platz drei verloren. Da waren Alli, Maguire, Pickford, Kane und viele andere im Team noch nicht geboren. Was sie nicht daran hindert – oder vielleicht sogar beflügelt -, gar von 1966 zu träumen.

Dass es am Mittwoch gegen Kroatien (das ja seinerseits einen eigenen Traum träumt) kein Spaziergang werden kann, ist dem Coach klar: "Wir wissen, dass uns ein hartes Spiel erwartet, aber wir sind zuversichtlich."

Herzzerreißender Überschwang

Die bekannt zurückhaltend formulierende Daily Mail hat schon fertiggeträumt. Das Team sei schon "auf dem Marsch in die Unsterblichkeit". Womit die Geschäftsgrundlage "Zynismus und Apathie" sich ändert zum herzzerreißenden Überschwang: "Das Team, das immer mehr zu einem Objekt von Zynismus und Apathie geworden war, hat die Herzen des ganzen Landes zurückerobert."

Neben der deutschen Verbandsreform hatte Southgate stets auch Schweden als Vorbild – die Kollektivität und die daraus gewachsenen Kompaktheit inspirierten ihn. In den letzten 15 Spielen gewann England nur zwei. Umso schwerer also wiegt dieser Sieg gegen einen Gegner, "der eine klare Identität hat und dessen Geschlossenheit früher zu viel für uns war". Früher. (APA, wei, 8.7.2018)